Fastenhirtenbrief von Patriarch Bartholomaios I.
Gedenkgottesdienst für Kardinal König und 60jähriges Jubiläum der Stiftung „Pro Oriente“
Festakt zum Tag der Griechischen Sprache in der Metropolis von Austria
Sonntag des Zöllners und des Pharisäers in der Kirche zum Heiligen Georg in Wien

Hirtenbrief zum Tag der Bewahrung der Schöpfung 2016

+ Bartholomaios durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom, und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche Gnade, Friede und Erbarmen von dem Bildner der ganzen Schöpfung, unserem Herrn, Gott und Erlöser Jesus Christus

 

Liebe Mitbrüder und im Herrn geliebte Kinder,

Die heilige Mutter, die Große Kirche Christi, verfolgt schon seit vielen Jahren wachsam die weltweiten katastrophalen Entwicklungen auf dem Gebiet der Umwelt. Darum hat sie die Initiative ergriffen, den Beginn des Kirchenjahres der Schöpfung und der Umwelt zu widmen und ruft an diesem Tag die ganze orthodoxe und die übrige christliche Welt dazu auf, dem Schöpfer des Alls Bitten und Gebete darzubringen – Danksagungen für das große Geschenk der Schöpfung sowie Fürbitten für ihren Schutz und ihre Rettung vor jedem sichtbaren oder unsichtbaren Angriff der Menschen. So erinnern wir auch an diesem besonderen Tag von unserem Ökumenischen Patriarchat aus daran, dass alle für die ökologischen Probleme, vor denen unser Planet heute steht, sensibilisiert werden müssen.

Der gegenwärtige rasante technologische Fortschritt und die Möglichkeiten und Erleichterungen, die er dem modernen Menschen schenkt, dürfen uns nicht in die Irre führen: Bei jedem technologischen Vorhaben müssen wir ernsthaft die Gefährdungen in Betracht ziehen, denen diese Technologie die natürliche Umwelt und die Zivilisation aussetzt, sowie generell alle damit zusammenhängenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen, welche möglicherweise (bzw. tatsächlich) die Schöpfung und das Leben auf Erden bedrohen.

Diese Notwendigkeit haben wir übrigens – zusammen mit unseren Brüdern, den Vorstehern und Hierarchen der heiligen orthodoxen Ortskirchen anlässlich des im vergangenen Juni auf der Insel Kreta unter unserem Vorsitz segensreich zusammengetretenen Heiligen und Großen Konzils – verkündet, als wir in der Enzyklika des Konzils feststellten: „Durch die gegenwärtige Entwicklung von Wissenschaft und Technologie verändert sich unser Leben radikal und was eine solche Änderung im Leben des Menschen mit sich bringt, erfordert von seiner Seite Besorgnis, da abgesehen von den offenkundigen Wohltaten (...) wir auch mit negativen Folgen des wissenschaftlichen Fortschritts konfrontiert werden“. Dazu gehören auch die Bedrohung und die Zerstörung der natürlichen Umwelt. 

Es bedarf beständiger Wachsamkeit, Bildung und Aufklärung, damit der Zusammenhang der gegenwärtigen ökologischen Krise mit den menschlichen Leidenschaften des Geizes, der Unersättlichkeit, des Egoismus, der Raffsucht – alles Leidenschaften, die jene ökologische Krise herbeiführen, die wir jetzt erleben – deutlich wird. Die Rückkehr zur ursprünglichen Schönheit der Ordnung und des klugen Haushaltens, der Selbstbeschränkung und der Askese, also jener Tugenden, die zu einem besonnenen Umgang mit der natürlichen Umwelt führen können, ist mithin der einzige mögliche Weg. Besonders die Unersättlichkeit bei der Stillung materieller Bedürfnisse führt mit Gewissheit zur geistlichen Verarmung des Menschen, welche die Zerstörung der Umwelt nach sich zieht: „Die Wurzeln der ökologischen Krise sind spirituell und einfach, insofern sie im Herzen jedes Menschen liegen“, hat das erwähnte Heilige und Große Konzil der Orthodoxen Kirche festgestellt, das sich an die moderne Welt wendet. „Das Streben nach ständigem Wachstum des Wohlstands und der ungezügelte Konsum führen zu einer nicht angemessenen Nutzung und zum Versiegen der natürlichen Ressourcen.“ (Konzilsdokument „Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt“)

Heute begehen wir, liebe Geschwister und Kinder im Herrn, auch das Gedächtnis des hl. Symeon d. Styliten, jener bedeutenden Säule unserer Kirche, dessen Klostergebäude gleich vielen anderen wunderbaren archäologischen Stätten in Syrien und in der ganzen Welt, wie z. B. das antike Palmyra, die zum Weltkulturerbe gezählt werden, der Barbarei und den Schrecknissen des Krieges zum Opfer gefallen ist. Darum erwähnen wir an dieser Stelle noch ein ebenso wichtiges Problem: die Krise der Zivilisation, die in den letzten Jahren die ganze Welt ergriffen hat. Denn Umwelt und Zivilisation sind Begriffe und Werte, die komplementär zueinanderstehen und einander durchdringen. Die den Menschen umgebende Umwelt wurde durch den einfachen Imperativ Gottes „Es werde!“ (s. Genesis 1,3.6.14) erschaffen. Die Zivilisation wurde von dem mit der Vernunft ausgestatteten menschlichen Geist gebildet; darum ist auch der Respekt ihr gegenüber selbstverständlich und geboten. Denn der Mensch ist anerkannterweise die Krone der göttlichen Schöpfung und wird deswegen geehrt.

Darum richten wir von diesem zentralen Bischofssitz der Orthodoxie, der eine einzigartige Überlieferung birgt und die kostbarsten Schätze des kulturellen Erbes hütet, pflichtschuldig die Aufmerksamkeit aller Verantwortlichen und jedes Menschen auf die Notwendigkeit, parallel zur natürlichen Umwelt auch das universale kulturelle Erbe, das durch den Klimawandel, kriegerische Konflikte auf der ganzen Welt und aus anderen Gründen bedroht ist, zu schützen.

Die kulturellen Schätze, die in Gestalt von religiösen und geistlichen Denkmälern, aber auch in Gestalt des zeitübergreifenden Ausdrucks des menschlichen Geistes der ganzen Menschheit, und nicht nur den Staaten, auf deren Gebiet sie sich befinden, gehören, unterliegen denselben Gefährdungen wie die Umwelt. Deshalb ist der Schutz der Umwelt wie auch der unschätzbaren kulturellen Güter für das Wohlergehen der ganzen Menschheit geboten.

Die Beschädigung oder die Zerstörung des Kulturdenkmals eines Landes verletzt auch das weltweite Erbe der ganzen Menschheit. Darum ist es die Pflicht und die Schuldigkeit jedes Menschen, aber insbesondere jedes zivilisierten Staates, die Maßnahmen zum Schutz und zur Bewahrung seiner Denkmäler, also jene Maßnahmen, die geeignet sind, ihren Fortbestand unbeeinträchtigt zu bewahren, zu verstärken. Jeder nach Recht und Gesetz verfasste Staat muss Handlungen vermeiden, welche die Unversehrtheit der zum Weltkulturerbe gehörenden Denkmäler beeinträchtigen und die immateriellen Werte, die ein jedes von ihnen repräsentiert, in Mitleidenschaft ziehen.

Während wir unser Augenmerk auf unsere – panorthodox verkündete – „größte Verantwortung“ lenken, „eine lebensfähige natürliche Umwelt kommenden Generationen weiterzugeben und sie gemäß dem göttlichen Willen und Segen zu nutzen“ (Enzyklika des Heiligen Großen Konzils) und darauf hinweisen, dass „nicht nur die heutigen, sondern auch die künftigen Generationen ein Anrecht auf die natürlichen Ressourcen haben, die uns der Schöpfer geschenkt hat.“ (Entscheidung des Heiligen und Großen Konzils „Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt“) rufen wir alle dazu auf, die Kräfte – insbesondere des Gebetes – zu mobilisieren, um für den Schutz der Umwelt in der weiteren Bedeutung dieses Begriffes, d. h. für die harmonische Verbindung der natürlichen und der vom Menschen geschaffenen zivilisatorischen Umwelt einzutreten, und bitten unseren Herrn Jesus Christus, er möge auf die Fürsprache der allheiligen – in der Pammakaristos Kirche verehrten - Gottesgebärerin, des hl. Johannes des Täufers als Stimme des Rufers in der Wüste, und durch die Mittlerschaft des hl. Symeons des Styliten und aller Heiligen unser gemeinsames natürliches und kulturelles Haus vor jeglicher Bedrohung und Zerstörung bewahren und ihm Seinen reichen Segen unverbrüchlich gewähren.

In andächtiger Seele und dem Gebet des Herzens mit allen Gläubigen vereint bitten wir den Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren, der reellen und der ideellen Schöpfung, „maßvolle, günstige Winde und zuträglichen, sanften Regen“ zu schenken, „auf dass die Erde reichlich Frucht bringe“, sowie der ganzen Welt „tiefen Frieden, den Frieden, der jeden Verstand übersteigt“ zu gewähren, und rufen auf alle Menschen und auf das Haus der Erde Gottes Gnade und unermessliches Erbarmen herab.

1. September 2016

+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel,

   Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

Fastenbotschaft 2016

Protokoll-Nr. 284

Hirtenwort zu Beginn der heiligen und großen Fastenzeit

Bartholomaios,

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,

und Ökumenischer Patriarch allem Volk der Kirche Gnade und Friede von unserem Erlöser, dem Herrn Jesus Christus,

von uns jedoch Fürbitte, Segen und Vergebung

Brüder und im Herrn geliebte und gesegnete Kinder,

der Dichter der Psalmen führt auch in diesem Jahr alle orthodoxen Gläubigen durch das vom Heiligen Geist eingegebene Wort vom Erbarmen und von den Entscheidungen des Herrn in das Mysterium der heiligen großen Fastenzeit ein, wenn er sagt: „Der Herr schafft Barmherzigkeit und Recht allen, denen Unrecht geschieht.“ (Psalm 102,6) Denn der Herr „erfüllt dein Verlangen mit Gutem, erneuert wie dem Adler dir die Jugend“. (Palm 102,5)

Wie wir wissen, Brüder und Kinder im Herrn, ist jeder Mensch, da er nach dem Bild und Gleichnis Gottes erschaffen ist, ein Tempel des Herrn. Doch noch viel mehr sind wir, die wir auf Christus getauft, mit dem heiligen Myron gesalbt und dem schönen Ölbaum der Kirche aufgepfropft sind, Tempel des in uns wohnenden Heiligen Geistes – selbst dann, wenn wir uns durch zahlreiche freiwillige und unfreiwillige Sünden vom Herrn entfernen: „Sind wir untreu, so bleibt Er doch treu.“ (2 Tim 2,13)

Aber durch den Schmutz der Sünde wird die Gnade des Heiligen Geistes daran gehindert, in uns wirksam zu sein. Darum hat unsere heilige orthodoxe Kirche die jetzt beginnende Zeit des Fastens, die heiligen vierzig Tage, dazu bestimmt, dass wir uns in dieser Zeit durch die Buße reinigen und würdig werden, das lebenschaffende Leiden und die lichtbringende Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus von den Toten zu empfangen. „Komm, elende Seele, mit deinem Fleisch bekenne dem Schöpfer aller. Höre auf, dich wie vordem zu rechtfertigen, und bringe Gott in Buße Tränen dar!“ ruft der Dichter des Großen Kanons, der hl. Andreas von Kreta, allen Gläubigen zu. (Troparion der 1. Ode)

Die Kirche öffnet in ihrer Sorge für unser Heil und unsere geistliche Vollendung all ihren Gliedern die kommende Zeit der Umkehr und ermahnt sie zugleich, ein die materiellen Dinge und den Besitz liebendes Leben zu bekämpfen, jenes Leben, das die Seele wie „ein schweres Joch“ lähmt und zur Erde herunterzieht und so verhindert, dass sie ihre Schwingen spreizt und sich zum Himmel, zum Reich Gottes aufschwingt.

Durch die Buße und die Reinigung der Tränen bekleiden wir uns wieder mit der ursprünglichen Schönheit und dem von Gott gewebten Gewand, das wir nach dem Sündenfall verloren haben, als wir uns „mit dem Kleid der Schande wie mit Feigenblättern“ verhüllten.

Das Fasten, die Enthaltung von Speisen, von „nichtigen Gedanken und bösen Vorstellungen“ ist die Voraussetzung für den rechten, maßvollen und besonnenen Gebrauch der materiellen Güter in der Perspektive des sozialen Nutzens, so dass die für die gesellschaftliche und die natürliche Umwelt schädlichen, Folgen, die sich aus dem widersinnigen Missbrauch dieser Güter ergeben, entfallen. Was stattdessen bleiben soll, ist das „Fasten der Barmherzigkeit“, das nicht ein „Gericht über alle, die Unrecht leiden“ (Psalm 102,6) bedeutet, sondern Mitleid, Gnade und Erquickung für sie und für uns ein Fortschreiten auf dem Weg zum Ähnlichwerden mit Gott (Basilius d. Große).

Durch maßvollen Gebrauch werden die Materie und unser Leben geheiligt. Denn die vergängliche Materie ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zu unserer Heiligung. Entsprechend gilt auch für die vom Evangelium beschriebenen „Reichen“, welche die Güter besitzen und festhalten: Das Fasten muss zum Anlass für Selbstbegrenzung werden, mit dem Ziel, „dass sie reich werden an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes“ (vgl. Röm 15,13) und auf die heutigen Armen ihr Augenmerk richten, auf den heutigen „Lazarus“ der Menschheit, nämlich den Flüchtling.

Darüber hinaus dürfen wir, Brüder und Kinder, den wahren Geist des Fastens und der Enthaltsamkeit nicht vergessen, ohne den diese Übungen dem Herrn nicht gefallen. Denn der Apostel Jakobus, der Bruder des Herrn, sagt uns: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt halten.“ (Jakobus 1,27) Denn die Gnade, die das Fasten und die Enthaltsamkeit reichlich gewähren, erlangen wir nicht schon und allein durch die Beschränkung der Nahrungsaufnahme und dadurch, dass wir auf Nahrungsmittel verzichten. „Wenn ihr in Rechtsstreit und Zank fastet und den Armen mit Fäusten schlagt – wozu fastet ihr mir dann?“ fragt der Prophet Isaias. (Is 58,4) „Nicht dieses Fasten habe ich erwählt (…), sondern (…) brich dem Hungernden dein Brot und führe obdachlose Arme in dein Haus; wenn du jemanden nackt siehst, bekleide ihn ...“ (Is. 58,5-7) sagt und verkündet uns der Herr durch die Stimme seines Propheten.

Ganz besonders heute schenken uns Orthodoxen die Wirtschaftskrise, das Flüchtlingselend und die vielfältigen Schwierigkeiten, die weltweit und insbesondere in einigen Ländern und unter einigen Völkern auftreten, die Möglichkeit, diesen wahren Geist des Fastens zu pflegen, indem wir den Nahrungsverzicht mit Handlungen der Menschenliebe und der Solidarität mit denjenigen unter unseren Brüdern verbinden, die in unmittelbarer Not sind, mit den Leidenden, den Bedürftigen und Armen, den Obdachlosen und Flüchtlingen, mit denen, „die nichts haben, um ihr Haupt zu betten“ (Mt 8,20), mit denjenigen, welche die unerbittlichen Umstände des Krieges, der Nöte und Qualen zwingen, ihre angestammten Häuser zu verlassen und inmitten zahlreicher Gefahren, Bedrängnisse und Mühsale zu fliehen.

Wenn unser Fasten von einer solchen Zunahme unserer Menschenliebe und unserer Liebe zu den geringsten Geschwistern des Herrn ungeachtet ihrer Nationalität, ihrer Religion, ihrer Sprache und ihrer Herkunft begleitet wird, so wird es wie wohlduftender Weihrauch unmittelbar zu Gottes Thron aufsteigen, und Engel werden sich zu uns Fastenden gesellen, wie sie einst dem Herrn in der Wüste dienten.

Brüderlich und väterlich wünschen wir allen, die heilige Fastenzeit, in die wir nun eintreten, fruchtbar und eine Zeit der Heiligung sei, erfüllt von Gnade und Erkenntnis. Gott würdige uns, uns unangefochten dem lebenspendenden Kelch zu nahen, der lebenschaffenden Seite des Herrn, „aus der uns der zweifache Quell der Vergebung und der Erkenntnis entströmt.“ (Großer Kanon, Troparion der 4. Ode)

Seine göttliche Gnade und sein unerschöpfliches Erbarmen seien mit euch allen, Brüder und Kinder, damit uns in dieser dem Evangelium gemäßen Gesinnung das Fest der Feste und die Feier der Feiern, die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus, geschenkt werde. Ihm seien die Herrlichkeit, die Macht, die Ehre und die Danksagung, jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

Heilige und Große Fastenzeit 2016

+ Bartholomaios, Erzbischof von Konstantinopel

Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen 2015

Protokollnummer: 1172


Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen

+   B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Friede und Erbarmen
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser

Im Herrn geliebte Brüder und Kinder,

wiederum umhüllt die Süße der Heiligen Nacht, in der Christus geboren wurde, die Welt. Und inmitten der menschlichen Mühen und Mühsale, der Krise und der Krisen, der Leiden und der Feindschaften, der Beunruhigungen und der Enttäuschungen erscheint mit derselben Anmut wie eh und je, wirklich und aktuell wie einst das Mysterium der Menschwerdung Gottes, das uns mahnt: „Lernt Gerechtigkeit, Ihr Bewohner der Erde!“ (Isaias 26,9), denn „Heute ist uns der Heiland geboren“ (Lukas 2,11).
Unglücklicherweise aber denken in unseren Tagen viele Menschen wie jener Kindermörder Herodes, der Ruchlose und Bedenkenlose, der seine Mitmenschen auf viele Weisen ins Verderben gestürzt hat. Der von der Ich-Besessenheit verkehrte Geist des Machthabers dieser Welt, den der Mörder Herodes exemplarisch darstellt, sah paradoxerweise in der Geburt eines unschuldigen Kindes eine seine eigene Existenz bedrohende Gefahr. Als das geeignetste Mittel des präventiven Schutzes seiner weltlichen Macht vor der Gefahr, als die ihm die Geburt dieses Kindes erschien, wählte er dessen Vernichtung.
Um den mörderischen Plänen zu entgehen, war das Kind Jesus, von dem die Engel gesprochen hatten, gezwungen, wie wir in unserer heutigen Sprache sagen würden, als „politischer Flüchtling“ nach Ägypten zu fliehen. zusammen mit seiner Mutter Maria, der allheiligen Gottesgebärerin, und ihrem Bräutigam Josef.
In unserer Zeit, die doch als fortschrittlich gilt, werden viele Kinder gezwungen, das Flüchtlingsschicksal ihrer Eltern zu teilen, um ihr nacktes Überleben, das ihnen ihre unterschiedlichen Feinde missgönnen, zu retten. Diese Tatsache ist eine Schande für die Menschheit.
Deshalb verkünden wir auch zum Fest der Geburt des Kindes Jesus, unseres wahren Erlösers und Heilandes, von diesem heiligen, apostolischen und patriarchalen Ökumenischen Thron, dass alle Gesellschaften verpflichtet sind, den Schutz der Kinder zu gewährleisten und ihr Recht auf Leben und Ausbildung zu respektieren, welche nur ihr Heranwachsen und ihre Erziehung in einer traditionellen Familie auf der Grundlage der Prinzipien von Liebe, Mitmenschlichkeit und Solidarität – also auf der Grundlage von Gütern, die uns heute der für uns Fleisch gewordene Herr schenkt - garantieren kann.
Der zur Welt gekommene Erlöser lädt uns alle ein, diese Botschaft des Heils der Menschen anzunehmen. Es ist wahr, dass die Völker in der langen Menschheitsgeschichte viele Wanderungen und Umsiedlungen erlebt haben. Doch wir haben gehofft, die modernen Gesellschaften könnten nach den beiden Weltkriegen und den Friedenserklärungen kirchlicher und weltlicher Führer und Organisationen das friedliche Leben der Menschen in ihren Ländern garantieren. Leider widerlegen die Ereignisse diese Hoffnung. Denn große Scharen von Menschen sind gezwungen, den bitteren Weg der Flucht zu gehen.
Die Situation, die sich auf diese Weise ergeben hat und die von einer beständig wachsenden Zahl von Flüchtlingen gekennzeichnet ist, vergrößert unsere Verantwortung – die Verantwortung derer, die gesegnet sind, in Frieden und in einer gewissen Sicherheit zu leben – angesichts des täglichen Dramas Tausender unserer Mitmenschen nicht teilnahmslos zu bleiben, sondern ihnen unsere tatkräftige Solidarität und Liebe zu zeigen; und das in der Gewissheit, dass jede ihnen erwiesene Wohltat vor das Angesicht des Sohnes Gottes gelangt, der geboren wurde und Fleisch angenommen hat, der in die Welt gekommen ist – nicht als König, nicht als Machthaber, nicht als Herrscher, nicht als Reicher, sondern als nacktes, schutzloses Kindlein in einem winzigen Stall ohne Obdach, also ebenso, wie in diesem Moment Tausende unserer Mitmenschen leben. Auch der Mensch gewordene Sohn Gottes war gezwungen, die ersten Jahre seines Lebens auf Erden als Fremder in einem fernen Land zu verbringen, um sich vor dem Hass des Herodes in Sicherheit zu bringen. Das unschuldige Blut der heutigen Flüchtlinge im Kleinkindalter nehmen die Erde und das Meer auf. Doch die schutzlose Seele des Herodes „empfing ihr Urteil“.
Dieses in Bethlehem geborene und nach Ägypten geflohene göttliche Kind ist der wahrhafte Fürsprecher der heutigen, von den gegenwärtigen Herodes-Gestalten vertriebenen Flüchtlinge. Dieses Kind Jesus, unser Gott, „wurde den Schwachen wie ein Schwacher“ (vgl. 1 Korinther 9,22), wurde uns allen gleich: den Schwachen, den Verachteten, den Gefährdeten, den Flüchtlingen. Der Beistand und die Hilfe, die wir unseren verfolgten und vertriebenen Mitmenschen ungeachtet ihrer Nationalität, ihrer Herkunft und ihrer Religion erweisen, werden unserem in Betlehem geborenen Herrn als Gaben gelten, die die Gaben der Weisen an Kostbarkeit, die die Schätze von „Gold, Weihrauch und Myrrhe“ (vgl. Matthäus 2,11) an Ehre übertreffen: ein unentwendbarer und unvergänglicher geistlicher Reichtum, der nicht verdirbt, wie viele Jahrhunderte auch vergehen mögen. Ein Reichtum, der uns erwartet im Reich der Himmel.
Lasst uns also, ein jeder, was er kann, dem in der Person unserer auf der Flucht befindlichen Brüder wahrgenommenen Herrn darbringen. Lasst uns dem heute in Bethlehem geborenen kleinen Christus diese kostbaren Gaben der Liebe, des Opfers und der Mitmenschlichkeit darbringen und lasst uns so seine Barmherzigkeit nachahmen. Lasst uns ihn anbeten zusammen mit den Engeln, den Weisen, den einfachen Hirten und mit allen Heiligen rufen: „Herrlichkeit Gott in den Höhen und Friede auf Erden und den Menschen Wohlgefallen!“       
Die Gnade und das reiche Erbarmen des Flüchtlingskindes Jesus seien mit euch allen!
   

Weihnachten 2015

+ Bartholomaios von Konstantinopel,
euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

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