Fastenhirtenbrief von Patriarch Bartholomaios I.
Gedenkgottesdienst für Kardinal König und 60jähriges Jubiläum der Stiftung „Pro Oriente“
Festakt zum Tag der Griechischen Sprache in der Metropolis von Austria
Sonntag des Zöllners und des Pharisäers in der Kirche zum Heiligen Georg in Wien

Hirtenbrief zum Beginn der heiligen großen vierzigtägigen österlichen Fastenzeit 2024

+ Bartholomaios

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,

und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche

Gnade und Friede von Christus, unserem Erlöser,

von uns aber Fürsprache, Segen und Vergebung

Ehrwürdige Mitbrüder im Bischofsamt, im Herrn gesegnete Kinder!

Die Gnade des Gottes der Liebe hat uns wieder erlaubt, in die heilsame Zeit des Triodions einzutreten und die Heilige und Große Fastenzeit zu erreichen, die Zeit des asketischen Ringens voller himmlischer Gaben und jener Freude, die Kreuz und Auferstehung miteinander verbindet. In dieser gesegneten Zeit treten der geistliche Reichtum und die Dynamik des kirchlichen Lebens sowie die Heilsbedeutung all seiner Ausdrucksformen deutlich hervor.

Viel haben wir bereits gelernt über den ausweglosen und selbstgerechten Stolz des Pharisäers, über den unfruchtbaren Moralismus und die Hartherzigkeit des älteren Sohnes im Gleichnis vom verlorenen Sohn, über die Gefühllosigkeit und Verurteilung derer, die sich nicht um die Hungrigen, Durstigen, Fremden, Nackten, Kranken und Gefangenen, die „geringsten Brüder“ des Richters kümmerten. Und uns allen wurde der Wert und die Kraft der Demut und der Umkehr, der Vergebung und der Barmherzigkeit offenbart - Haltungen, zu deren Pflege uns die Kirche in der anbrechenden Zeit eindringlich aufruft.

Die Heilige und Große Fastenzeit ist eine willkommene Zeit der geistigen, seelischen und körperlichen Reinigung und Übung, die, wie wir im vorhin gelesenen Abschnitt des Evangeliums gehört haben, im Fasten, das "nicht vor den Augen der Menschen" gehalten werden soll, und in der den Brüdern gewährten Vergebung - "Wenn ihr den Menschen ihre Sünden vergebt, so vergibt euch auch euer himmlischer Vater"[i] - durchschritten wird. Dies wiederum bekennen wir täglich im Vaterunser, wenn wir sagen: „… wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“.[ii]

Am gestrigen Samstag der Woche der Milchspeise gedachte die Kirche der heiligen Männer und Frauen, „die in der Enthaltsamkeit erstrahlten“. Die Heiligen sind nicht nur Vorbilder für die Gläubigen im guten Kampf des Lebens in Christus und nach den Geboten Christi, sondern auch Begleiter, Freunde und Helfer im asketischen Kampf des Fastens, der Umkehr und der Demut. Wir sind in unserem Bemühen nicht allein; wir haben Gott, der uns bejaht und segnet, und die Heiligen und Märtyrer, die uns beistehen; vor allem aber haben wir eine Fürsprecherin für uns alle bei dem Herrn, die erste unter den Heiligen, die Gottesgebärerin. Heiligkeit ist ein Kennzeichen der Macht der Gnade Gottes und der Mitwirkung des Menschen in der Kirche durch die Teilnahme an den heiligen Sakramenten und die Befolgung der göttlichen Gebote. Es gibt keine „mühelose Frömmigkeit“ und kein „einfaches Christentum“, keine „weite Pforte“ und keinen „breiten Weg“ zum Himmelreich.[iii]

Die Kirche erinnert uns immer wieder daran, dass die Erlösung kein individuelles, sondern ein kirchliches Geschehen, ein gemeinsames Ringen ist. In der gottbehüteten Heiligen und Großen Fastenzeit erweist sich die Teilnahme am Leben der Gemeinschaft, an der christlichen Familie, an der Pfarrgemeinde oder der klösterlichen Gemeinschaft als von entscheidender Bedeutung für das geistliche Leben der Gläubigen. Wir möchten gern die Rolle der christlichen Familie als Lebensgemeinschaft für die Erfahrung der Spiritualität der Großen Fastenzeit hervorheben. Unser Vorgänger, der heilige Johannes Chrysostomus, nannte die Familie eine „kleine Kirche“.[iv] In der Familie vollzieht sich in der Tat die Kirchwerdung unserer Existenz, entwickelt sich der Sinn für den sozialen und gemeinschaftlichen Charakter des menschlichen Lebens und des Lebens in Christus, werden die Liebe, die gegenseitige Achtung und Solidarität, das Leben und die Freude am gemeinschaftlichen Leben als göttliches Geschenk erfahren. Das gemeinsame Bemühen, die kirchliche Regel und das Ethos des Fastens im Kontext der Familie zu realisieren, unterstreicht den charismatischen Charakter des asketischen Lebens und im weiteren Sinne die Gewissheit, dass alles Wahre, Ehrbare und Gerechte in unserem Leben von oben kommt; dass es, trotz unseres Mitwirkens und eigenen Beitrags letztlich das Menschenmögliche und das menschliche Maß übersteigt. Andererseits lassen die Gemeinschaftlichkeit des Lebens, die selbstlose Liebe zueinander und die Bereitschaft zur Vergebung keinen Raum für Anspruchsdenken und Selbstgefälligkeit. Ausdruck dieses Geistes der „geteilten Freiheit“ und der eucharistischen Askese ist die untrennbare Verbindung von Fasten, Nächstenliebe und Teilnahme am gemeinschaftlichen und liturgischen Leben der Kirche. Die Erfahrung der spezifischen Stimmung der Fastenzeit in der christlichen Familie führt in die Tiefe der Wahrheit kirchlicher Erfahrung und ist Wiege und Ausgangspunkt des christlichen Zeugnisses in der modernen säkularisierten Gesellschaft.

Betet, meine Brüder und Kinder, dass wir alle die Heilige und Große Fastenzeit mit göttlichem Eifer, mit Fasten und Umkehr, mit Gebet und Andacht begehen, Frieden schließen mit uns selbst und untereinander, das Leben teilen und uns in Taten der Nächstenliebe als „Nächste“ derer erweisen, die in Not sind, dass wir einander verzeihen und in allem den überhimmlischen Namen des barmherzigen Gottes preisen, indem wir Ihn bitten, uns zu schenken, mit klarem Verstand zur Heiligen Großen Woche zu gelangen und mit Freude und Jubel Seine leuchtende Auferstehung zu verehren.

Heilige und Große Fastenzeit 2024

+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel

Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

 

[i] Mt 6,14

[ii] Mt 6,12

[iii] Vgl. Mt 7,13-14

[iv] Johannes Chrysostomus, Kommentar zum Epheserbrief, PG 62,143.

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen 2023

+ B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Erbarmen und Friede
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser

 

In Gott geliebte Mitbrüder, im Herrn geliebte Kinder,

dank göttlichen Wohlgefallens feiern wir auch in diesem Jahr wieder „in Psalmen, Hymnen und geistlichen Liedern“ die Geburt des vorewigen Sohnes und Wortes Gottes, also die Offenbarung des Mysteriums Gottes und des Menschen. Der heilige Nikolaos Kabasilas sagt, die Handlungen der Göttlichen Liturgie seien „eine Mystagogie der Menschwerdung des Herrn“ und die Anfangsdoxologie „Gepriesen sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bezeuge, „dass die Menschen erst durch die Menschwerdung des Herrn gelernt hätten, dass Gott in drei Personen existiere“ . Dieser Kirchenvater verkündet, dass unser Herr und Erlöser Jesus Christus uns „als Erster und Einziger den nach seinen Sitten, nach seinem Leben und in jeder anderen Hinsicht wahren und vollkommenen Menschen“ gezeigt habe .

Die Annahme der menschlichen Natur in der Person des Sohnes und Wortes Gottes und die Eröffnung des Weges der Vergöttlichung aus Gnade verleihen dem Menschen eine unübertreffliche Würde. Das Vergessen dieser Wahrheit führt zu einer Minderung des Respektes vor der menschlichen Person. Die Leugnung der hohen Bestimmung des Menschen befreit ihn nicht nur nicht, sondern führt zu vielen Verkürzungen und Spaltungen. Ohne das Bewusstsein seiner göttlichen Herkunft und die Hoffnung auf die Ewigkeit gelingt es dem Menschen kaum, menschlich zu bleiben, und er ist nicht in der Lage, mit den Widersprüchen seines Menschseins umzugehen.

Das christliche Verständnis der menschlichen Existenz hält die Lösung für jene Probleme bereit, die von Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit in unserer Welt verursacht werden. Der Respekt vor der Person, der Friede und die Gerechtigkeit sind zwar eine Gabe Gottes, doch das Stiften des von Christus gespendeten Friedens erfordert die Teilnahme und die Mitwirkung der Menschen. Die christliche Position im Kampf für den Frieden ist durch die Worte Christi, des Erlösers, begründet, der uns das Evangelium des Friedens verkündet, mit dem Wort „Friede sei euch!“ grüßt und den Menschen gebietet, ihre Feinde zu lieben . Die in Christus geschehene Offenbarung wird als „Evangelium des Friedens“ charakterisiert. Das bedeutet: Für uns Christen ist der Weg zum Frieden der Friede. Gewaltlosigkeit, Dialog, Liebe, Verzeihung und Versöhnung haben Vorrang vor anderen Formen der Lösung von Differenzen. Deutlich umreißt der Text des Ökumenischen Patriarchates „Für das Leben der Welt. Auf dem Weg zu einem Sozialethos der Orthodoxen Kirche – 2020“ diese Theologie des Friedens: „Nichts widerspricht mehr dem Willen Gottes für die Geschöpfe, die nach seinem Bild und Gleichnis geformt sind, als Gewalt gegeneinander… Letzten Endes können wir mit Recht sagen, dass Gewalt die Sünde par excellence ist. Sie ist der vollkommene Widerspruch zwischen unserer geschaffenen Natur und unserer übernatürlichen Berufung, in Liebe die Vereinigung mit Gott und unserem Nächsten zu suchen... Frieden ist eine wirkliche Offenbarung der tieferen Wirklichkeit der Schöpfung, wie Gott sie beabsichtigt und wie Gott sie in seinen ewigen Ratschlüssen gestaltet hat“ .

Der Friede ist nicht vorgegeben und selbstverständlich, sondern Aufgabe, Leistung, andauernde Bemühung und unablässiger Kampf, ihn zu bewahren. Es gibt keine Automatismen und keine bleibenden Rezepte. Gegenüber den jeweiligen Bedrohungen des Friedens sind Wachsamkeit und der Wille zu einer Lösung der Probleme durch Dialog erforderlich. Die großen Helden der Politik sind die Kämpfer für den Frieden. Wir betonen weiterhin die friedensstiftende Rolle der Religionen in einer Zeit, in der Religionen dafür kritisiert werden, dass sie, anstatt Mächte des Friedens, der Solidarität und der Versöhnung zu sein, den Fanatismus und die Gewalt „im Namen Gottes“ nähren. Dabei handelt es sich um eine Entfremdung des religiösen Glaubens und nicht um ein ihm inhärentes Phänomen. Der wahre Glaube an Gott ist der schärfste Gegner des religiösen Fanatismus. Die Religionen sind die natürlichen Bundesgenossen aller Menschen, die für den Frieden, die Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung vor einer menschengemachten Katastrophe kämpfen.

Die Menschheit ehrt in diesem Jahr den 75. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (10. Dezember 1948), die eine Zusammenstellung der grundlegenden humanistischen Vorstellungen und Werte ist – „das gemeinsame Ideal, das alle Völker und Nationen erstreben sollen“. Die Menschenrechte, deren Ausgangspunkt der Schutz der Menschenwürde und ihrer individuellen, gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen ist, werden in ihrer ursprünglichen Dynamik verstanden, sofern sie als Fundament und Maßstab des weltumfassenden Friedens, den sie mit der Freiheit und der Gerechtigkeit verbinden, anerkannt werden.
In diesem Sinn ist die Zukunft der Menschenrechte und des Friedens mit dem Beitrag der Religionen zu ihrer Respektierung und Durchsetzung verbunden.

Mit diesen Gedanken und festlichen Empfindungen und in der absoluten Gewissheit, dass das Leben der Kirche von vorneherein im Gegensatz zur Unmenschlichkeit, woher sie auch rührt, steht, rufen wir Euch alle zu dem guten Kampf für die Errichtung einer Kultur des Friedens und der Versöhnung auf, wo der Mensch im Mitmenschen den Bruder und Freund und nicht den Gegner und Feind sieht; wir erinnern Euch alle, Mitbrüder Bischöfe und Kinder im Herrn, daran, dass Weinachten der Augenblick der Selbsterkenntnis und Dankbarkeit, der Offenbarung des Unterschiedes zwischen Gottmensch und „Menschgott“, der Bewusstwerdung des „großen Wunders“ der Freiheit in Christus und der Heilung der „großen Wunde“ der Entfremdung von Gott ist; wir beugen dankbar das Knie vor der Gottesmutter Maria, die das Fleisch gewordene Wort in ihren Armen hält; wir erteilen Euch den Segen der Mutterkirche, der Heiligen Großen Kirche Christi, und wünschen Euch ein glückliches, gesundes, fruchtbares, friedliches und von Freude erfülltes neues Jahr der Güte des Herrn.

Weihnachten 2023

+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel,
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

Hirtenbrief zum Tag der Bewahrung der Schöpfung 2018

Protokoll-Nr. 738

+ Bartholomaios
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche
Gnade und Friede von dem Schöpfer der ganzen Schöpfung,
unserem Herrn, Gott und Erlöser Jesus Christus

Brüder und Kinder im Herrn!

Schon 29 Jahre sind vergangen, seitdem die Heilige Große Kirche Christi das Fest des kirchlichen Neujahrs als „Tag des Schutzes der Umwelt“ etabliert hat. In all diesen Jahren hat das Ökumenische Patriarchat viele Aktivitäten inspiriert und initiiert, die zahlreiche gute Früchte hervorgebracht und das geistliche Umweltpotenzial unserer orthodoxen Tradition manifestiert haben.

Weiterlesen ...

Osterbotschaft 2018 Seiner Allheiligkeit des Ökumenischen Patriarchen

Protokoll-Nr. 312

+ Bartholomaios,
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Friede und Erbarmen
von Christus, dem in Herrlichkeit auferstandenen Erlöser

Geliebte Brüder und Kinder im Herrn!

Die Erfahrung der Auferstehung Christi, des alle errettenden Sieges also des Lebens über den Tod, ist der Kern des Glaubens, des Gottesdienstes, der Moral und der Kultur des orthodoxen Christenvolkes Gottes. Das Leben der orthodoxen Gläubigen wird in all seinen Aspekten und Dimensionen vom Glauben an die Auferstehung durchtränkt und gespeist. Es ist ein tägliches Osterfest. Dieses österliche Erleben ist nicht einfach nur eine Erinnerung an die Auferstehung des Herrn, sondern auch die Erfahrung unseres eigenen Neu-Werdens und die unerschütterliche Gewissheit, dass alles in der Endzeit vollendet wird.

Insbesondere in der eucharistischen Liturgie, die unlösbar mit dem „ersehnten und heiligen Tag“, dem Sonntag, verbunden ist, feiert die Orthodoxe Kirche diese existentielle Teilhabe an der Auferstehung Christi und erfährt den Vorgeschmack der Segnungen des Reiches Gottes. Beeindruckend ist der österliche und freudige Charakter der Feier der Eucharistie, die stets in einer Atmosphäre der Freude und des Jubels vollzogen wird und die endzeitliche Erneuerung alles Seienden, die Erfüllung der Freude, die Fülle des Lebens und den künftigen Überschwang der Liebe und der Erkenntnis darstellt.

Dies ist die erlösende Sicht der Gegenwart im Licht der letzten Dinge und des dynamischen Weges zum Reich, es ist die unauflösliche Verbindung und Verwobenheit des gegenwärtigen mit dem endzeitlichen Charakter der uns in Christus geschenkten Erlösung des Menschen und der Welt - eine Sicht, die dem kirchlichen Leben seine einzigartige Dynamik verleiht und die Gläubigen zu einem guten Zeugnis in der Welt anfacht. Der orthodoxe Gläubige hat einen besonderen Grund und ein starkes Motiv dafür, das Böse in der Gesellschaft zu bekämpfen, denn er erlebt in besonderem Maß den Widerspruch zwischen den letzten Dingen und den jeweiligen Gegebenheiten der Geschichte. In orthodoxer Sicht sind der Dienst am Mitmenschen, die Hilfe, die den bedrängten Geschwistern gemäß dem Herrenwort „Was ihr einem der geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan“(Mt 25,40) – gewährt wird, und die tatkräftige Liebe des Guten Samariters (s. Lk 10,30-37) - gemäß dem Wort des Kirchenvaters „Den halte für den Nächsten, der deiner bedürftig ist, und eile aus eigenem Antrieb, ihm zu helfen“ (Isidor von Pelusium) – die Verlängerung und der Ausdruck des eucharistischen Ethos der Kirche; sie sind die Offenbarung, dass die Liebe die gelebte Quintessenz des Lebens in Christus ist, bereits in diesem Leben ebenso wie im endzeitlichen Reich Gottes.

In diesem Zusammenhang versteht man auch, dass das liturgische Leben in der orthodoxen Kirche von der Erfahrung der „gemeinsamen Erlösung“, der Gabe der „gemeinsamen Freiheit“ und des „gemeinsamen Reiches“ und von der Erwartung der „gemeinsamen Auferstehung“ durchdrungen ist. Es herrscht das „wir“ vor, nämlich die Gemeinsamkeit des Lebens, die gemeinsame Teilhabe und das gemeinsame Sein, dies ist heilsame Identifizierung der in Christus geschenkten Freiheit mit der sich aufopfernden und lobpreisenden Liebe. Das ist auch die überwältigende Botschaft der festlichen Ikone der Auferstehung, des Abstiegs Christi in das Reich des Todes. Der Herr der Herrlichkeit, der in die tiefste Tiefe der Erde hinabsteigt und die Pforten des Hades zertrümmert, ersteht siegreich und hell strahlend aus dem Grab, nicht nur mit dem Siegesbanner, sondern mit Adam und Eva, die Er mit sich auferweckt, stützt und aufrichtet - und durch sie die ganze Menschheit und die gesamte Schöpfung.

Das Evangelium der Auferstehung, des „gemeinsamen Festes aller“, der allvermögenden Liebe, die die Macht des Todes gebrochen hat, ertönt heute in einer Welt, die erfüllt ist von sozialer Ungerechtigkeit und der Missachtung der menschlichen Person. Es erklingt in einer Welt, die für Flüchtlinge und ungezählte unschuldige Kinder zum Golgotha geworden ist. Dieses Evangelium der Auferstehung proklamiert unerschütterlich, dass das Leben der Menschen vor Gott absolute Würde hat. Es verkündet, dass die Leiden und Nöte, dass das Kreuz und Golgotha nicht das letzte Wort haben. Es kann nicht sein, dass die Peiniger über ihre tragischen Opfer obsiegen. Zwar befindet sich in der orthodoxen Kirche das Kreuz im Mittelpunkt der Frömmigkeit, doch ist es nicht die letzte Wirklichkeit und bestimmt auch nicht das Endziel der Ausrichtung des kirchlichen Lebens. Die eigentliche Bedeutung des Kreuzes besteht darin, dass es zur Auferstehung, also zur Fülle unseres Glaubens führt. Mit dieser Begründung rufen wir Orthodoxe aus: „Siehe, durch das Kreuz ist Freude gekommen in die ganze Welt!“ Es ist bezeichnend, dass in der orthodoxen Kirche die Feier der Leiden Christi im Passionsgottesdienst keinen ausgesprochenen Trauercharakter trägt, sondern Kreuz und Auferstehung miteinander verbindet. Denn das Leiden erschließt sich uns, wird uns erfahrbar durch die Auferstehung, die uns „von der Trauer erlöst“. In der orthodoxen Wahrnehmung ist die unauflösliche Verbindung von Kreuz und Auferstehung unvereinbar mit jeder Form von Introversion und Flucht in Mystizismen oder in einen selbstgefälligen Pietismus, die zumeist gegenüber den Leiden und Gefährdungen des Menschen in der Geschichte indifferent sind.

Die Botschaft von Kreuz und Auferstehung steht heutzutage auch im Gegensatz zur arroganten Selbstvergötzung des zeitgenössischen Menschen, der säkularisiert, rationalistisch, von der Allmacht der Wissenschaft überzeugt, egozentrisch und dem Irdischen und Zeitlichen verhaftet und ohne Sehnsucht nach der Ewigkeit ist; sie ist gleichermaßen konfrontiert mit der Ablehnung der Menschwerdung und des gesamten Heilshandelns Gottes sowie des „Ärgernisses“ des Kreuzes, die im Namen der absoluten Transzendenz Gottes und der unüberbrückbaren Kluft zwischen Himmel und Erde vertreten wird.

Ehrwürdige Brüder und geliebte Kinder im Herrn,

deshalb rufen wir orthodoxe Gläubige, erfüllt mit der Erfahrung der lichtstrahlenden Auferstehung, die wir das Licht vom abendlosen Licht empfangen, die wir Gott in allem danken und die Sinne zum Himmel erheben, da wir bereits hier des Angelds und der Zusage der endzeitlichen Fülle des göttlichen Heilshandelns teilhaftig sind, in der Kirche den österlichen Gruß „Christus ist auferstanden!“ und bitten: Der Herr, der gelitten hat, ins Grab gelegt wurde und auferstanden ist, möge unseren Verstand, unser Herz und unser ganzes Leben erleuchten, unsere Schritte lenken zu jedem guten Werk und Sein Volk stärken, dass es das Evangelium der Liebe „bis an der Welt Ende“ (Apg. 1,8) bezeuge, zur Ehre Seines „über jeden Namen“ erhabenen Namens.

Phanar, Ostern 2018
+ Bartholomaios von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter bei Christus, dem Auferstandenen

Hirtenbrief zur Großen Vierzigtägigen Österlichen Fastenzeit 2018

Protokoll-Nr. 169

Hirtenbrief zum Beginn der heiligen großen vierzigtägigen österlichen Fastenzeit

+ Bartholomaios
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche
Gnade und Friede von Christus, unserem Erlöser,
von uns aber Fürsprache, Segen und Vergebung.

Einen Dankeshymnus singen wir dem Dreieinigen Gott dafür, dass er uns gewürdigt hat, wiederum an die Schwelle der Heiligen Großen Fastenzeit zu gelangen, um den guten Kampf der Enthaltsamkeit zu kämpfen und uns dem „Einen, das notwendig ist“ (vgl. Lk 10,42) zuzuwenden.

Inmitten einer askesefeindlichen Welt und angesichts der heutigen Entsakralisierung des Lebens und der Vorherrschaft individualistischer und eudämonistischer Konzepte besteht die orthodoxe Kirche auf der vierzigtägigen Zeit geistlicher Kämpfe und Enthaltsamkeit zur Vorbereitung ihrer Kinder auf die heilige Große Woche, Christi Leiden und Kreuz, damit wir Augenzeugen und Teilhaber seiner ruhmreichen Auferstehung sein können.

In der Großen Fastenzeit sind wir aufgerufen, das Handeln des Dreieinigen Gottes in Schöpfung und Erlösung tiefer zu erfahren und uns bewusster in die eschatologische Ausrichtung des kirchlichen und geistlichen Lebens zu begeben. Wir erkennen die tragische Ausweglosigkeit in der Selbsterlösungsrhetorik des Pharisäers, in der Hartherzigkeit des älteren Sohnes im Gleichnis vom Verlorenen Sohn und in der gefühllosen Gleichgültigkeit im Angesicht von Hunger, Durst, Nacktheit, Krankheit und Verlassenheit in der Perikope vom Gericht. Wir werden angehalten, die Reue und die Demut des Zöllners nachzuahmen, ebenso wie die Heimkehr des Verlorenen Sohnes ins Haus des Vaters und das Vertrauen auf Seine Gnade, weiterhin denjenigen, die den Bedürftigen Barmherzigkeit erweisen, und das Leben des Gebetes, das der hl. Gregorios Palamas geführt hat, die Askese des hl. Johannes Klimakos und der hl. Maria von Ägypten – all dies bestärkt durch die Verehrung der heiligen Ikonen und des ehrwürdigen Kreuzes. So gerüstet mögen wir dem aus dem Grab auferstandenen Spender des Lebens, Christus, persönlich begegnen.

In dieser gesegneten Zeit offenbart sich uns besonders einprägsam das gemeindliche und das gemeinschaftliche Wesen des geistlichen Lebens. Wir sind nicht allein. Wir stehen nicht als Einzelne vor Gott. Wir sind keine Versammlung von Individuen, sondern eine Gemeinschaft von Personen, für die „Sein“ „Gemeinsam Sein“ bedeutet. Askese ist kein individuelles, sondern ein kirchliches Geschehen, ein kirchliches Handeln, die Teilhabe des Gläubigen am Mysterium und an den Mysterien der Kirche, Kampf gegen die Eigenliebe, Ausüben der Liebe zu den Mitmenschen, eucharistischer Gebrauch der Schöpfung, ein Beitrag zur Verwandlung der Welt. Askese ist eine gemeinsam geübte Freiheit und Tugend; ein gemeinsames Gut, ein gemeinsam geübter Gehorsam gegenüber der Ordnung der Kirche. Wir fasten nicht nach Maßgabe unserer individuellen Wünsche, sondern wir richten uns nach dem Maß, das die Kirche uns setzt. Unser asketisches Bemühen vollzieht sich im Rahmen unserer Beziehungen zu den anderen Gliedern des Leibes der Kirche, als Teilhabe an denjenigen Geschehnissen und Handlungen, die die Kirche zur Gemeinschaft des Lebens machen, als „die Wahrheit in Liebe“ (vgl. Eph 4,15). Die orthodoxe Spiritualität ist untrennbar mit der Teilhabe am ganzen liturgischen Leben der Kirche, das in der Göttlichen Eucharistie gipfelt, verbunden. Sie geht aus der Kirche hervor und realisiert sich zugleich als Kirche.

Die Rennbahn der Großen Fastenzeit ist keine Zeit einer religiös bedingten Euphorie und demonstrativer Emotionen. Spiritualität im orthodoxen Sinn ist keine Hinwendung zum Geist oder zur Seele, die von einer dualistischen Geringschätzung der Materie und des Leibes ausgeht. Spiritualität ist eine Durchdringung unseres ganzen Seins, des Geistes, des Verstandes und des Willens, unserer Seele und unseres Leibes, unseres ganzen Lebens durch den Heiligen Geist, der ein Geist der Gemeinschaft ist. Spiritualität bedeutet insofern Verkirchlichung unseres Lebens, ein Leben, das vom Parakleten inspiriert und geleitet wird, wirkliche Geistträgerschaft, die unsere eigene freie Mitwirkung, unsere Teilnahme am sakramentalen Leben der Kirche und einen Gott gemäßen Lebenswandel voraussetzt.

Hochgeehrte Brüder und im Herrn geliebte Kinder,

Es gibt keine wahre Spiritualität, die keine Früchte brächte. Wer Gott wahrhaft liebt, liebt auch den Nächsten, den Fernsten und die ganze Schöpfung. Diese „nie versagende“ (vgl. 1 Kor 13,8) opfermütige Liebe ist ein eucharistisches Handeln, Fülle des Lebens auf Erden, Vorgeschmack und Wahrheit der Vollendung. Unser orthodoxer Glaube ist eine Quelle unerschöpflicher Dynamik, er befähigt zu geistlichen Kämpfen, zu Gott und die Menschen liebendem Handeln, zu überreichem Ertrag zum Wohl der Welt. Glaube und Liebe sind in der Kirche eine einheitliche und untrennbare Erfahrung des Lebens. Die Askese, die in der durch den Heiligen Geist bewirkten Gemeinschaft der Kirche realisiert wird, das Fasten und die Menschenliebe sind ein Bollwerk gegen die Degenerierung der Religion und die Umwandlung der ursprünglich kirchlichen Frömmigkeit in eine unfruchtbare Introversion und Individualisierung.

Der Geist Gottes weht unablässig in der Kirche. Gott ist immer „mit uns“. An den heiligen Tagen der Großen Fastenzeit sollen wir unseren asketischen Einsatz gegen eine selbstsüchtige Gesinnung verstärken – „beharrlich im Gebet“ (Röm 12,12), „demütig im Geist und voll Erbarmen“ (Altvater Poimen) der Liebe zum Guten ergeben und barmherzig, einander verzeihend und einander durch die Liebe verbunden, Gott, den Geber des Guten, verherrlichend und Ihm dankend für seine reichen Gaben. „Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit! Siehe, jetzt ist der Tag des Heils!“ (2 Kor 6,2)

Indem wir Euch dieses verkünden, rufen wir die Kraft, die von oben kommt, auf Euch herab, damit wir alle glühenden Geistes und frohen Mutes die Heilige Große Fastenzeit als Gottes Gabe empfangen; wir bitten darum, „dass unser Lauf im Stadion des Fastens unbehindert sei“, und erteilen unseren ehrwürdigen Brüdern in Christus und den geliebten Kindern der Heiligen Großen Kirche Christi in der ganzen Welt unseren patriarchalen Segen.

Heilige Große Fastenzeit 2018
+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartolomaios I. 2017

Protokollnummer: 1123

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen 
+ B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Erbarmen und Friede
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser

 Im Herrn geliebte Brüder und Kinder,

durch Gottes Gnade wurden wir wiederum gewürdigt, das große Fest der leiblichen Geburt des göttlichen Wortes zu feiern. Es ist in die Welt gekommen, um uns das vollkommene Leben,[1] die Befreiung von Sünde, von der Versklavung durch die Werke des Gesetzes und vom Tod zu schenken; um uns das wahre Leben und jene große Freude zu schenken, „die niemand von uns nehmen kann“.[2]

Wir empfangen „den vollkommenen Gott“,[3] den „die Liebe der Erde gebracht hat“,[4] den der uns „näher ist als wir selbst“.[5] Das sich seiner Gottheit entäußernde Wort steigt zu seinem in die Irre gegangenen Geschöpf herab, indem es sich „unsagbar und unfassbar erniedrigt“.[6] Der, den kein Raum umfassen kann, geht ein in den Schoß der Jungfrau. Der Große wohnt im Kleinen. Dieses große Hauptstück unseres Glaubens, dass der überwesentliche Gott „auf übermenschliche Weise Mensch geworden ist“,[7] bleibt ein „nicht offenbartes“ Mysterium. „Das große Mysterium der göttlichen Menschwerdung bleibt für immer ein Mysterium.“[8] 

Dieses fremdartige und wunderbare Ereignis, „das seit ewigen Zeiten und Geschlechtern verborgene Mysterium“,[9] ist das Fundament der gnadenhaften Vergöttlichung des Menschen. „In keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen gerettet werden“.[10] Das ist die höchste Wahrheit zur Rettung des Menschen. Wir gehören zu Christus. Alles ist in Christus geeint. In Christus wird unsere der Verwesung preisgegebene Natur neu gebildet; wird die Ebenbildlichkeit wiederhergestellt und jedem Menschen der Weg zur Ähnlichkeit Gottes gebahnt. Weil das göttliche Wort die menschliche Natur angenommen hat, weil die göttliche Vorsehung und die Rettung allen gemeinsam ist, ist auch der Grund für die Einheit des Menschengeschlechts gelegt. Doch wird nicht allein die Menschheit, sondern die gesamte Schöpfung erlöst. Wie der Fall der Stammeltern die ganze Schöpfung mit sich ins Verderben reißt, so betrifft auch die Menschwerdung des Sohnes und Wortes Gottes die gesamte Schöpfung. „Die Schöpfung ist befreit und die ehedem Verfinsterten erscheinen als Söhne des Lichts.“[11] Der hl. Basilius fordert uns auf, Christi heilige Geburt als das „die ganze Schöpfung umfassende Fest“, und als „den Geburtstag der Menschheit zur Rettung der Welt“[12] zu feiern.

Das „Christus wird geboren“ ertönt leider wiederum in einer Welt, die von Gewalt, gefährlichen Spannungen, sozialer Ungleichheit und der Missachtung der grundlegenden allgemeinen Menschenrechte erfüllt ist. Im Jahr 2018 sind es 70 Jahre seit der weltweiten Proklamation der allgemeinen Menschenrechte. Nach der furchtbaren Erfahrung und den Katastrophen des Zweiten Weltkriegs hat diese Proklamation die grundlegenden hohen Ideale propagiert, die alle Völker und alle Staaten der Erde uneingeschränkt respektieren müssen. Allerdings setzt sich die Missachtung dieser Proklamation fort. Vielfältige Missbräuche und intendierte Missdeutungen der Menschenrechte unterminieren ihren Rang und ihre Realisierung. Weiterhin gilt, dass wir weder gegenwärtig noch zukünftig aus der Geschichte Lehren ziehen wollen. Weder die tragischen Erfahrungen von Gewalt, noch die Schändung der menschlichen Person, noch die Bekräftigung hoher Ideale konnten die Fortsetzung von Gewaltausübung und Kriegen, den Machthunger und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen verhindern. Aber natürlich konnten auch die Kraft technischer Mittel, die herausragenden Errungenschaften der Wissenschaft oder der wirtschaftliche Fortschritt die soziale Gerechtigkeit und den vielersehnten Frieden nicht herbeiführen. Im Gegenteil; in unserer Zeit wächst das Wohlstandsdenken der Besitzenden und zerstört die Globalisierung die Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des Friedens.

Die Kirche kann diese Bedrohungen der menschlichen Person unmöglich ignorieren. „Denn nichts ist in dem Maße heilig wie der Mensch, an dessen Natur Gott Anteil genommen hat.“[13] Wir kämpfen für den Menschen, für den Schutz der Freiheit und der Gerechtigkeit, im Wissen darum, „dass der wahre Friede von Gott kommt“[14] und dass das unbegreifliche Mysterium der Inkarnation des Wortes Gottes und der gnadenhaften Vergöttlichung des Menschen die Wahrheit über seine Freiheit und seine göttliche Bestimmung offenbart.

Wir leben in der Kirche die Freiheit; jene Freiheit, die Christus uns gibt; die Freiheit, die darin besteht, in Christus zu leben; die Freiheit, die uns zu Christus führt. Zum Kern dieser Freiheit gehört die Liebe, „die nicht das Ihre sucht“;[15] die Liebe, die „aus einem reinen Herzen entspringt“.[16] Während der selbstgesetzliche, der nach eigenem Gutdünken lebende und sich selbst genügende, der sich selbst vergöttlichende und sich selbst glücklich schätzende Mensch um sich selbst und seine individuelle selbstgefällige Glückseligkeit kreist und den Mitmenschen als Beschränkung seiner Freiheit betrachtet, richtet sich die Freiheit in Christus auf den Bruder, auf den Nächsten, und gibt der Wahrheit Zeugnis in der Liebe. Die Sorge des Gläubigen besteht nicht darin, seine Rechte einzufordern, sondern in Demut und Dankbarkeit „die Weisungen Christi zu erfüllen“.[17]

Diese Wahrheit des Lebens in Christus, der Gerechtigkeit als Liebe und der Liebe als Gerechtigkeit, ist der Grundstein und die Garantie für die Zukunft der Menschheit. Wenn wir uns auf dieses in Gott gegründete Ethos stützen, können wir die großen Herausforderungen der Gegenwart, die nicht nur das Leben in Fülle, sondern sogar das Überleben der Menschheit bedrohen, meistern. Die Wahrheit des „Gottmenschen“ als Antwort auf den zeitgenössischen „Menschen-Gott“ und als Nachweis seiner ewigen Vorherbestimmung hat auch das Heilige und Große Konzil der Orthodoxen Kirche (Kreta 2016) betont: „Die orthodoxe Kirche stellt dem zeitgenössischen „Menschen-Gott“ den „Gottmenschen“ als letztes Maß aller Dinge gegenüber: ‚Wir sagen nicht, der Mensch sei Gott, sondern Gott sei Mensch geworden‘.[18] Sie – die orthodoxe Kirche – offenbart die rettende Wahrheit des Gottmenschen und Seinen Leib, die Kirche, als Ort und Weise des Lebens in Freiheit, als das ‚Die-Wahrheit-in-Liebe-Bezeugen‘[19] und als schon auf Erden gewährte Teilhabe am Leben des auferstandenen Christus“.[20]

Die Inkarnation des Wortes Gottes ist die Vergewisserung und die Gewissheit, dass Christus selbst die Geschichte als Weg zum Reich Gottes am Ende der Zeiten führt. Natürlich war der Weg der Kirche zum Reich Gottes, der nicht fern und unabhängig von der geschichtlichen Realität, ihren Widersprüchen und Wandlungen verläuft, niemals ein Weg ohne Beschwernisse. Inmitten dieser bezeugt die Kirche die Wahrheit und vollzieht ihr Werk der Heiligung, der Seelsorge und der Verklärung der Welt. „Denn die Wahrheit ist ein Pfeiler und eine Grundfeste der Kirche … Die Kirche ist ein Pfeiler der bewohnten Welt … und sie ist ein Mysterium, das groß ist und ein Mysterium der Frömmigkeit“.[21]

Brüder und Kinder im Herrn,

lasst uns in von Jubel und Freude erfülltem Wohlgefallen an dem Wort Gottes, das unter uns Wohnung genommen hat, die Feste der heiligen zwölf Tage begehen. Wir erbitten Euch vom Phanar aus, der Fleisch gewordene und zum Menschengeschlecht herabgestiegene Herr und Erlöser schenke in dem neuen Jahr seiner Güte allen Gesundheit an Seele und Leib, Frieden und gegenseitige Liebe; er bewahre unversehrt seine heilige Kirche und segne die Werke ihres Dienstes, auf dass sie Seinen überheiligen und überaus gepriesenen Namen verherrliche.

Weihnachten 2017

+ Bartholomaios von Konstantinopel, euer aller inständiger Fürbitter bei Gott


[1] Gregor d. Theologe, 38. Rede (PG 36,313).

[2] Joh 10,18.

[3] Doxastikon der Aposticha der Großen Vesper von Christi Geburt.

[4] Nikolaos Kabasilas, Vom Leben in Christus, 6. Kap. (PG 150,657).

[5] A.a.O. (PG 150,660).

[6] Johannes von Damaskus, De Fide Orthodoxa 3,1 (PG 94,984).

[7] Maximos der Bekenner, Theologische und Heilsgeschichtliche Centurien, 1. Centurie 12 (PG 90,1184).

[8] A.a.O.

[9] Kol 1,26.

[10] Apg 4,12.

[11] Jambische Katavasien von Theophanie, 8. Ode.

[12] Basilius der Große, Rede über Christi Geburt (PG 31,1472-73).

[13] Nikolaos Kabasilas, s.o. (PG 150,649).

[14] Johannes Chrysostomos, Homilien zum Ersten Korintherbrief, 1. Homilie (PG 61,14).

[15] 1 Kor 13,5.

[16] 1 Tim 1,5.

[17] Theotokion der Aposticha der Ainoi vom 12. Oktober.

[18] Johannes von Damaskus, De Fide Orthodoxa 3,2 (PG 94,988).

[19] Vgl. Eph 4,15.

[20] Enzyklika des Heiligen und Großen Konzils der Orthodoxen Kirche, § 10.

[21] Johannes Chrysostomos, Homilien zum Ersten Timotheusbrief, 11. Homilie (PG 62,554).

Liturgischer Kalender


Für heute sind keine Veranstaltungen eingetragen!
Mo Di Mi Do Fr Sa So
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Mo Di Mi Do Fr Sa So
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30

Ἐπὶ τὰς πηγάς /
Zu den Quellen


24. März 2024: Erster Fastensonntag

Schriftlesungsarchiv

Ihre Spende


Die Metropolis von Austria organisiert eine Vielzahl an karitativen, seelsorgerlichen und kulturellen Aktivitäten in Österreich und Ungarn. Da unsere Diözese, wie auch unsere Gemeinden, sich ausschließlich von Spenden finanzieren, sind wir für jede Hilfe und Unterstützung herzlich dankbar!

Ihre Spende

Vergelt´s Gott

Kufstein

Keine anstehende Veranstaltung
Legetøj og BørnetøjTurtle