Organspende und -transplantation

Organspende und -transplantation

Stellungnahme der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich (OBKÖ)*

* Erarbeitet und verabschiedet von der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich am 14. November 2014.

Einleitung

1. Die Transplantation von Organen gilt vielen als eine der wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizin. Sie stellt eine Chance dar, das Leben eines Organempfängers zu verlängern und damit das Leben überhaupt zu fördern. Allerdings ist damit in der Regel eine Reihe von offenen Fragen zumeist ethischer und praktischer Art verbunden.

Theologische Grundlegung

2. Aus der Sicht der orthodoxen Theologie sind bezüglich der Frage nach Organspende und -transplantation zwei Grundsätze zu beachten:

Erstens hat jeder Mensch als Geschöpf Gottes, das nach seinem Bilde geschaffen wurde (Gen 1,27), einen einzigartigen, zu schützenden und unwiederholbaren Wert. So ist der menschliche Körper mit einem „Tempel“ zu vergleichen, der dem Menschen von Gott gegeben wurde und der letztlich auch Gott gehört. Demnach ist die „Heiligkeit des Lebens“ das oberste Prinzip, das sowohl für die Organspende als auch für den Organempfang zu gelten hat. Daher besitzt das menschliche Leben als Geschenk Gottes einen Wert, der vor allem dadurch zum Ausdruck kommt, dass Christus durch seine Auferstehung den Tod überwunden und uns die Fülle des Lebens geschenkt hat: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Jo 10,10). Eine Verlängerung des irdischen Lebens kann prinzipiell dem Menschen die Chance geben, in Christus zu leben, Gott durch die Umkehr näher zu kommen und sich spirituell zu entfalten. Als Christen wissen wir jedoch, dass wir durch die Auferstehung Christi zu einem neuen Leben auferweckt werden: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen“ (1 Kor 15,19).

Zweitens ist der höchste Ausdruck eines Lebens in Christus die Nächstenliebe: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt“ (Jo 15,13). Prinzipiell fördert also die Organspende die Nächstenliebe, die jeder orthodoxe Christ zu verwirklichen und zu vertiefen aufgefordert ist, und ist als Liebestat anzusehen, die in der Nachahmung unseres Herrn Jesus Christus bis zur Selbstaufopferung geht.

3. Seit dem Heiligen Apostel Lukas, über die ganze christliche Geschichte hinaus, bis in die heutige Zeit gilt die Medizin als ein gesegneter Beruf und Berufung. Zugleich aber sollte zur Kenntnis genommen werden, dass die medizinische Hilfe eben nur eine „Hilfe“ sein kann. Eine endgültige Heilung kann nur von Gott allein erwartet werden. Christus ist hier sowohl als „Medicus“ als auch als „Medicina“ zu verstehen im Glauben an die Überwindung des irdischen Todes durch Auferstehung und an das Ewige Leben. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll und erforderlich, dass jegliche medizinische Handlung stets durch den pastoralen Beistand eines Geistlichen ergänzt wird.

Pastorale und praktische Hinweise

4. Gemäß der christlichen Lehre ist jede menschliche Person frei und zur Freiheit berufen. Mehrfach betont die Heilige Schrift die enge Verbundenheit von christlicher Freiheit und Liebe: „Ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe“ (Gal 5,13). Auch die durch Nächstenliebe bedingte Organspende setzt die freie und bewusste Einwilligung des Spenders voraus. Das beste Beispiel dafür ist die Lebendspende einer Niere an den nächsten Verwandten, Kind, Ehepartner, Eltern usw. Doch gerade an diesem Beispiel ist ersichtlich, wie verantwortlich bei der Abwägung des Risikos einer Transplantation vorgegangen werden muss, wenn eine Beeinträchtigung, ja Verschlechterung des Gesundheitszustandes, sowohl des Spenders als auch des Empfängers, erwarten werden kann. Liegt von der betroffenen Person nach ihrem Tod keine Willensäußerung vor, wendet man sich an einen durch diese Person benannten Menschen oder an Angehörige, die im Sinne des mutmaßlichen Willens der betroffenen Person eine Entscheidung fällen sollen.

5. Auch diejenigen, die keine Organspende gutheißen bzw. keine Organspender werden möchten oder Bedenken gegenüber einem Kriterium zur Feststellung des Todes haben, müssen aufgrund dieser Gewissensfreiheit respektiert werden und dürfen keineswegs wegen mangelnder Nächstenliebe verurteilt werden.

6. Die Tatsache, dass die Angehörigen einer toten Person unauffindbar oder nicht mehr am Leben sind, darf kein Grund dafür sein, diesen Menschen für die Organentnahme frei zu geben. Dies hat vor allem im Fall von sozial Schwachen, Obdachlosen oder illegalen Einwanderern Gültigkeit. Auch die nicht erfolgte Äußerung einer Transplantationsgenehmigung seitens der Verwandten darf nicht als Einwilligung gedeutet werden.

7. Begleitet werden muss die Organspende und -transplantation auf jeden Fall von einem respektvollen Umgang durch das verantwortliche medizinische Team gemäß den allgemein anerkannten ethischen Prinzipien der Medizin. Die Ärzte haben die Pflicht, alle Beteiligten (Spender, Empfänger, Angehörige) über Verfahren, Probleme, Chancen und Risiken einer Transplantation gut zu informieren, damit diese eine wohl überlegte Entscheidung treffen können. Nicht im Sinne der Nächstenliebe zu begründende Interessen dürfen nicht den Ausschlag für eine Organspende geben. Schließlich darf aus christlicher Sicht die Pietät und Integrität eines toten Körpers in Hinblick auf die eschatologische Überlegung nicht außer Acht gelassen werden, was auf der „Heiligkeit des Körpers“ basiert. Daher sind Transplantationen von fötalem Gewebe gänzlich abzulehnen, insbesondere wenn dieses von einem vorher abgetriebenen Fötus stammt.

8. Im Falle einer Organspende von Verstorbenen muss der Tod eindeutig festgestellt werden und eine Einwilligung vorhanden sein. Als medizinisches Kriterium zur Feststellung des Todes wird heute weitgehend der Hirntod akzeptiert, der als der Zustand der unumkehrbaren (irreversibel) erloschenen Funktionen des gesamten Gehirns definiert wird. Eine korrekte Feststellung des Todes ist von höchster Bedeutung, um Fehldiagnosen und möglichen Missbrauch zu vermeiden.

Für manche orthodoxe Christen ist das Kriterium des Hirntodes fragwürdig, denn sie sehen in der Herzfunktion und in anderen Funktionen des Körpers wie Atmung ein Zeichen der Anwesenheit der Seele. Trotz dieser Diskussion betrachtet die orthodoxe Kirche das oben angeführte Kriterium des Hirntodes als hilfreich. Jeder Mensch, der Zweifel an diesem Kriterium hat, muss die Freiheit haben, sich selbst für oder gegen eine Organspende zu entscheiden.

9. Der Mensch, der auf ein Organ wartet oder es empfangen hat, braucht besondere Zuwendung und Unterstützung. Er soll über die Kriterien einer Organverteilung, z.B. Dringlichkeit und Wartezeit, sowie über die Erfolgsaussichten und Risiken informiert werden. Ärzte, Verwandte, Priester und andere Seelsorger können ihn begleiten und ihm dabei helfen, die Belastungen, etwa die Abhängigkeit des eigenen Wohls vom Tod eines anderen Menschen oder die Angst vor einer Abstoßreaktion, zu verarbeiten. Transplantationszentren sind dazu verpflichtet, jede Diskriminierung bei der Organverteilung, etwa auf der Basis von Rasse, Religion, sozialem Stand oder wirtschaftlichem Niveau, zu vermeiden.

Fazit

10. Die Orthodoxe Bischofskonferenz in Österreich versteht die Organspende als eine Form der Nächstenliebe in der Nachahmung Christi und betrachtet die Organtransplantation als eine gut zu heißende Möglichkeit zur Verlängerung des irdischen Lebens, da das Leben Geschenk Gottes und kostbares Gut ist. Zugleich respektiert sie die Freiheit eines jeden Menschen, sich gegen die Organspende zu entscheiden.

Angesichts der Tatsache, dass die Orthodoxe Kirche weltweit aus 14 autokephalen Kirchen besteht und a priori kein universal einheitliches Lehramt beansprucht, kann es zu dem gegenständigen Thema unterschiedlich betonte kirchliche Dokumente geben. Gemeinsam ist ihnen jedoch der Hinweis auf die Heiligkeit des Lebens, die Notwendigkeit der Nächstenliebe und die Forderung einer Verantwortlichkeit in hohem Maße für das Leben und Heil aller Beteiligten.

Die Orthodoxe Kirche begleitet daher in Liebe alle, die auf eine Organspende angewiesen sind, und möchte Ärzte, Pflegepersonal, Angehörige und Seelsorger in dieser nicht einfachen Frage unterstützen.

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