„… als die Türen verschlossen waren, bist Du eingetreten, die Freude aller Menschen …“

Metropolit Arsenios von Austria, Exarch von Ungarn und Mitteleuropa

„Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!“ [1]

Wir feiern die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus als die Krone und den Höhepunkt aller Feste unserer Kirche. Ohne die Auferstehung gäbe es kein anderes Fest, denn unser Glaube könnte ohne die Annahme und Erfahrung der Auferweckung des menschgewordenen Sohnes Gottes als geschichtliches und erlösendes Ereignis nicht bestehen. Sie wird in der Tradition der Kirche als wahres und lebendiges Geschehen erlebt. Ohne die Auferstehung ist alles Lüge.

Der erste Tag nach dem Sabbat war es der erste Tag der Woche, an dem die Auferstehung geschah, der Herrentag (Sonntag). Am Abend trat Jesus in das Haus ein, wo sich die Jünger versammelt hatten, weil sie sich vor den Juden fürchteten, die sie verfolgten. Warum aber erschien der Herr so spät am Abend und trat durch die verschlossenen Türen ein in ihre Mitte? Und warum sagte er „Friede sei mit euch!“? Christus kam, als es Abend wurde, nicht nur, weil er dann alle Jünger versammelt antraf, sondern noch aus einem weiteren Grund: Die ganze menschliche Natur befand sich vor der Auferstehung des Erlösers im Dunkel der Sünde und im Schatten des Todes. Aus diesem Grund prophezeite schon der Prophet David die Erleuchtung des menschlichen Fleisches: „Aufgegangen ist ein Licht den Völkern in der Finsternis“. [2] Auch bei den Propheten heißt es: „dann geht im Dunkel Dein Licht auf“.[3]

Christus trat also bei Nacht in das Haus, in dem sich die Jünger aufhielten, damit sich die Propheten noch ein weiteres Mal erfüllten. Um zu zeigen, dass er jenen erschienen ist, die sich in der Finsternis der Sünde befinden und um jene zu erleuchten, die in der Nacht und in der Finsternis des Unwissens schlafen. Er trat durch die verschlossenen Türen ein und erschien den furchterfüllten Jüngern, damit sie das Wunder sehen und an Seine Auferstehung glauben. Er lehrt sie auf diese Weise, dass er genau zu jenen Menschen kommt, die warten und ihre Türen der Häuser ihrer Seelen, die Sinne des Leibes, verschlossen haben, auf dass die Sünde nicht Eingang finde.

Wie aber konnte der Herr mit seinem menschlichen Körper durch die verschlossenen Türen treten? Auf die gleiche Weise, wie Er als vollkommener Mensch geboren wurde und die hochheilige Gottesgebärerin Jungfrau geblieben ist. Wie Er auch über den See ging, ohne unterzugehen. Auf die gleiche Weise, wie Er alle Seine Wunder vollbrachte. Durch die Allmacht Seiner Gottheit also trat Er hinter die verschlossenen Türen in die Mitte der Jünger, damit diese die sichtbaren Wundmale an Seinem Leib sehen konnten und um ihnen zu zeigen, wie sehr Er sie liebt, sich um sie kümmert und die Erlösung aller will. Er grüßte sie mit einem Friedenswunsch: „Friede sei mit euch!“. Er brachte den Frieden zwischen Gott und den Menschen und vereinte das Getrennte. Der Völkerapostel Paulus betont: „Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss die trennende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder.“ [4] Diesen Frieden besingen auch die Engel bei der Geburt Christi: „… und bei den Menschen Sein Wohlgefallen.“ [5] Den Frieden hinterließ Er seinen Jüngern vor der Kreuzigung und diesen Frieden brachte Er nach der Auferstehung. Als die Jünger den Herrn erkannten, wurde ihr Herz von Freude erfüllt, wie Er selbst es vorhergesagt hatte: „So habt auch ihr jetzt Trauer, aber ich werde euch wiedersehen; dann wird euer Herz sich freuen und niemand nimmt euch eure Freude.“ [6]

Der Evangelist Johannes berichtet, dass acht Tage nach der ersten Erscheinung des Auferstandenen die Jünger wieder im Haus versammelt waren und mit ihnen dieses Mal auch Thomas. Christus kam erneut bei verschlossenen Türen und sprach wieder den Friedensgruß: Friede sei mit euch! Dann wandte Er sich an Thomas und forderte ihn auf, seine Hände in die Wundmale Seiner Hände und Seite zu legen, um sicher zu sein, dass Er selbst es war.

Das ist, meine geliebten Schwestern und Brüder, die Freude des Christen: Die Gegenwart Christi in der Mitte Seiner Jünger erfüllt sie mit wahrer Freude und vertreibt die Angst und die Trauer um den Tod des geliebten Lehrers. Es ist nicht nur einfach ein freudvolles Gefühl, das die Jünger des Herrn erfüllt, sondern es ist eine wesenhafte Änderung des Lebens und der Perspektive auf die Gegenwart und die Zukunft. Es ist Seine eigene Freude, die der Herr vor Seinem Leiden verheißen hatte.[7]

Auf diese Weise wurde der Gottmensch Jesus Christus zur Quelle der wahren Freude für alle Menschen. Die Freude der Auferstehung ist für uns ein unbegreiflich wertvoller geistiger Schatz, der die ganze Furcht und Hoffnungslosigkeit vertreibt. Die Freude der Auferstehung nährt die Hoffnung des Lebens, nachdem wir die Wahrheit angenommen haben, die unser Herr selbst ist. Diese Art der Freude unserer Beziehung mit dem Herrn kann durch nichts überschattet werden, weder durch Krieg, Armut, Krankheiten, Schwierigkeiten oder gar den Tod selbst. Der hl. Johannes Chrysostomus schreibt sogar, dass unser Herr Jesus Christus den Tod selbst ausgelöscht hat und die Bezeichnung des Endes des irdischen Lebens geändert hat in „Entschlafung“, d.h. in einen friedvollen Schlaf.[8]

Wir sehen also, dass Christus immer wieder und ohne Unterlass vom Frieden spricht, den Er Seinen Jüngern gibt: „Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ [9] Es handelt sich dabei nicht um einen weltlichen Frieden, der das Ergebnis des Genusses der irdischen Güter ohne Hindernisse ist. Es ist der Friede der Apostel, die Verleumdungen ausgesetzt waren und dennoch die Botschaft des Evangeliums verkündeten. Ungezählt sind die Beispiele der heiligen Märtyrer, die verfolgt wurden und das Martyrium auf sich genommen haben im Frieden Christi. Sie wurden gequält und waren doch voll der Freude und des Friedens. Die Gnade Gottes hat sie überschattet und Er hat nicht zugelassen, dass das Auferstehungsgeschenk der Freude verloren ging.

Oft ist jemand mit seinen Mitmenschen in Frieden, in seinem Innern jedoch wütet ein Kampf aufgrund seiner Leidenschaften. Der Friede Christi aber ist jener Friede, der seine ganze psychosomatische Existenz beherrscht und ihn mit jedem Mitmenschen vereint, mit Freunden gleichermaßen wie mit Feinden. Indem der innere Mensch in Christus Jesus zum Frieden kommt mit seinen Entscheidungen und Handlungen, dehnt er die göttliche Gnade zu seinem Nächsten und in Folge auf die ganze Schöpfung aus.

Christus gewährt auch weiterhin, in den reinsten Mysterien und der Versammlung der Kirche, den Christen jenen Frieden, den Er den Jüngern gegeben hat. In der Kirche, an jedem Sonntag und bei jeder Feier der Göttlichen Liturgie, während der Feier der Göttlichen Eucharistie, beten wir alle, als versammelte Gläubige und neue Apostel, und erwarten den Herrn. Uns wird die Möglichkeit geschenkt, den Leib und das Blut Christi zu kosten, Ihn anzugreifen und als Apostel Thomas zu bekennen: „Mein Herr und mein Gott!“ Ein Schwindel göttlicher Freude überkommt den Geist und die Seele, wenn wir den Herrn des Alls empfangen, der umgeben ist von den Engelsmächten. Mit den Seraphim singen wir der Allheiligen und der lebenspendenden Dreifaltigkeit den Hymnus des Dreimalheilig und unser vergänglicher Leib wird zum cherubinischen Thron für den Leib und das Blut des Herrn. Wir werden verändert, wenn wir die Vergebung der Sünden und die Hoffnung auf das ewige und wahre Leben empfangen.

Wir können also nicht die Freude in Christus kosten, wenn wir getrennt sind vom Leben der Kirche und der Teilhabe an ihren Mysterien (Sakramenten). Die Freude und der Friede, den Christus der Welt mit Seiner Auferstehung hinterlassen hat, ist nichts Vorläufiges wie die irdischen Umstände unseres Lebens: Krankheiten, Tod, Schmerz usw. Es sind vielmehr ewige Güter, die nicht erlangt werden können, wenn man vom kirchlichen Leib getrennt ist. Aus diesem Grund nehmen nicht nur die Mönche in den Klöstern, die das gemeinsame Leben pflegen, sondern auch die Asketen im Hesychasmus in jedem Fall am sakramentalen Leben der Kirche teil. In der Kirche gibt es keine Absonderung, die den Gläubigen von der Göttlichen Eucharistie trennt, denn diese ist das Zentrum unseres ganzen Lebens: Das Essen und Trinken des Leibes und Blutes Christi. Die psychosomatische Gesundheit und unsere Erlösung verlaufen durch die Mysterien der Kirche und durch die Liebe zu unseren Schwestern und Brüdern.

Das Beispiel, das uns die Apostel geben, ist von großer Bedeutung. Sie trennten sich nicht in der schwierigen Zeit. Sie zerstreuten sich nicht, jeder einzeln und auf sich gestellt, sondern blieben zusammen und vereint im Gebet, trotz der Gefahr der Verfolgung durch die Gegner Christi. So fand sie Christus vor, als er in das Haus eintrat, wo sie sich versammelt hatten. So muss Er auch uns vorfinden, vereint in unserem eigenen „Obergemach“, wo wir geistig teilnehmen am Gebet mit unseren Schwestern und Brüdern in dieser schwierigen Zeit, in der wir von den zuständigen Behörden aufgerufen sind, in unseren Häusern zu bleiben. Wir flehen den Herrn an, dass er die Tage der Versuchung verkürze, damit wir mit Seiner Gnade schon bald wieder Seinen Leib anfassen und von Seinem Blut kosten können in der Teilhabe am Kelch des Lebens und in der notwendigen physischen Gegenwart in der Kirche. Bis dahin wollen wir versuchen, unseren Geist und unsere Seele die „Freude aller“ wachzuhalten.

Jeder Gläubige kann in Versuchung geraten, Schmerz empfinden, sich sorgen. Niederlagen und Rückschläge sind Teil des geistigen Kampfes. Deshalb muss man aber nicht verzweifeln. Hier braucht es Hoffnung und Demut, um das Erbarmen Gottes empfangen zu können. Die Demut ist jene Tugend, die auf die göttliche Hilfe vorbereitet und sie nach sich zieht, und der Trost spendet den Kräften der verletzten Seele neue Kraft und lindert ihren Schmerz.

Nach der Auferstand bringt der Herr durch Seine Gegenwert Seinen Jüngern geistige Linderung und wandelt ihre Klage über das Kreuz und den Tod in Freude. Mit Seiner Auferstehung gewährt Er allen Verletzten und Niedergeschlagenen dieser Welt die mit Worten unaussprechliche Kraft der Ausdauer, die Seine ganze Kirche stützt. Der hl. Epiphanios ruft: „Eine mächtige Waffe, meine Brüder, ist das Gebet. Eine gewaltige Mauer, Brüder, ist das gemeinsame Gebet und besonders das Gebet des gefangenen gläubigen Volkes.“ Der Vater und Lehrer der Kirche erklärt, dass es nicht richtig ist, dass Gott die Sünder nicht erhöre. Im Gegenteil, er erhört „das Flehen der Demütigen und besonders jener, die um Seines Namens willen leiden, gequält werden, in Gefangenschaft sind, von den Feinden geschmäht werden, aber den Glauben Christi nicht verleugnen.“ Viele von diesen werden in der für das Volk Christi schwierigen Zeit zu Bekennern für Ihn und deshalb „werden sie rasch erhört werden“ und „ihr Gebet ist eine mächtige Waffe.“[10]

Freut euch, meine Brüder und Schwestern, freut euch im Herrn allezeit, lebt das Leben und euren Alltag mit dem Licht der Auferstehung, werdet auch ihr gemeinsam mit Seinen Jüngern und Aposteln zu Teilhabern der Freude, die der einzige wahre und dreifaltige Gott dem ganzen Menschengeschlecht schenkt.

 

[1] Joh 20,19.

[2] Ps 111,4.

[3] Jes 58,10. Wie im Lukasevangelium berichtet wird, prophezeit auch Zacharias: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.“ (Lk 1,78f.).

[4] Eph 2,14.

[5] Lk 2,14.

[6] Joh 16,22.

[7] Vgl. Joh 15,11: „Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.“

[8] Vgl. Johannes Chrysostomus, Auf das Heilige Pascha, Kap. 1 (PG 52,767).

[9] Joh 20,21.

[10] Hl. Epiphanios, Auf die heilige Auferstehung Christi (PG 43,472C).

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