Fastenhirtenbrief von Patriarch Bartholomaios I.
Gedenkgottesdienst für Kardinal König und 60jähriges Jubiläum der Stiftung „Pro Oriente“
Sonntag des Zöllners und des Pharisäers in der Kirche zum Heiligen Georg in Wien

Mit Seiner Menschwerdung und Geburt hat der Gottmensch Jesus Christus das Ziel der Schöpfung des Menschen vollendet, nämlich das Erscheinen des Gottmenschen in der Geschichte. Es geschieht die Vereinigung des Geschöpfs mit seinem unerschaffenen Schöpfer. Der Zweck der Menschwerdung ist die Vergöttlichung des Menschen. „Gott wird Mensch, damit Adam zum Gott erschaffen wird“ (Troparion von Weihnachten). „Er wurde Mensch, damit wir vergöttlicht werden“(Hl. Athanasius der Große). „Denn Gott wurde Mensch und der Mensch Gott.“ (Hl. Johannes Chrysostomos). In der Logik eines Moralisten ist der Ausdruck „damit wir vergöttlicht werden“, den die Kirchenväter wie der Heilige Athanasius der Große verwenden, ein Skandal. Deshalb spricht man öfters von einer „ethischen Vergöttlichung“. Denn man fürchtet sich davor zu akzeptieren, dass sich das mit der Vergöttlichung „durch die Gnade Gottes“ verwandelt, was der Dreieinige Gott gemäß „seinem Dasein“ tatsächlich ist (nämlich unerschaffen, anfangslos, unsterblich). Daher ist Weihnachten unmittelbar mit der Kreuzigung und der Auferstehung, aber auch mit der Himmelfahrt und mit Pfingsten verbunden. Der Gottmensch Jesus Christus öffnet den Pfad, dem jeder zu erlösende Mensch berufen ist zu folgen, indem er mit Ihm vereint ist. Das Fest der Verkündigung der Jungfrau Maria und Weihnachten führen uns zu Pfingsten, dem Ereignis der Vergöttlichung des Menschen in Christus, mittels des Leibes Christi. Wenn Weihnachten die Geburt Gottes als Mensch ist, ist Pfingsten die Vollendung des Menschen als Gott durch die Gnade Gottes. Durch unsere Taufe nehmen wir Anteil an der Fleischwerdung Christi, an seinem Tod und an seiner Auferstehung, auch wir erleben „unser Weihnachten“, unsere abermalige Schöpfung. Die Heiligen, die die Vereinigung mit Christus erlangen, also die Vergöttlichung, nehmen Anteil an Pfingsten und erreichen dadurch die Vollendung und Vervollständigung des in Christus wiedergeborenen Menschen. Dies bedeutet aus kirchlicher Sicht die Verwirklichung des Menschen, also die Erfüllung des Zweckes seines Daseins.

 

Auch wenn dieses theologische Wort ermüdend ist, besonders für den zeitgenössischen, theologisch nicht eingeweihten Menschen, drückt es nichts anderes als die Wirklichkeit der Erfahrung unserer Heiligen aus. Allein durch diese Erfahrung ist es möglich, Weihnachten aus kirchlicher Sicht, das heißt auf Christus zentriert, zu begreifen. Im Gegensatz dazu hat das Unvermögen des nicht in Christus wiedergeborenen Menschen, Weihnachten sinngemäß zu deuten, zu manchen Mythen bezüglich des Weihnachtsfestes geführt. Die über das geistige Leben keine Kenntnis besitzenden Menschen erschaffen Mythen über Weihnachten im Rahmen der eigenen Fantasie und Mythenbildung, weil sie Weihnachten nicht leben können und dessen wahrhaftigen Sinn verloren haben. Wie wir noch sehen werden, ist diese Orientierungslosigkeit nicht immer mit der Ablehnung des Mysteriums verbunden, sondern mit dem Unvermögen, das Mysterium zu leben und zu erleben, was unvermeidlich zu dessen falscher Auslegung führt.

Eine erste mythologische Antwort zur Frage über Weihnachten findet man bei den Häretikern, bei einer stochastischen und unangemessenen, d. h. unerfahrenen, theologischen Abhandlung. Der Doketismus, eine der schlimmsten Häresien aller Zeiten, nahm auf der Basis einer Fantasie den Tod des Logos Gottes an. Es wurde also behauptet, dass es sich um eine scheinbare Existenz Gottes in der irdischen Realität handelte. Aus welchem Grund könnte man nun fragen. Die Doketen jedweder Epoche können im Rahmen ihrer begrenzten Logik die Fleischwerdung und die Geburt Gottes als Mensch nicht akzeptieren. Sie erklären sich zu selbstberufenen Verteidigern der Glaubwürdigkeit Gottes und schämen sich, etwas anzunehmen, was Gott selbst für unsere Rettung ausgewählt hat, nämlich den Weg der Mutterschaft. Dass also Jesus Christus als Gottessohn von einer Mutter geboren wurde, selbst wenn diese nicht weniger als eines der allreinsten Geschöpfe der gesamten Menschheitsgeschichte ist, die allheilige Jungfrau. All diese Menschen halten sich oft für „überaus“ Orthodox (gemäß dem Heiligen Gregor von Nazianz). Denn der Doketismus führte zum Monophysitismus, zur Verneinung der menschlichen Natur Jesu Chrisi. Es handelt sich um die Konservativen, die Formalisten, die Skandalisierten. Für all diese sind die Wahrheit, die Realität und die Geschichte ein Skandal. Während andere die Göttlichkeit Christi verneinen, lehnen diese Seine menschliche Natur ab. Aber die Orthodoxie und das Christentum in seiner authentischen Art ist die „historischste Religion“ wie der unvergesslichen Vater Georg Florovsky sagt. Sie lebt in der Realität der göttlichen Energien zu unserer Rettung und zeigt sich im Realismus der Gottesgebärerin: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort!“ (Lk 1,38). „Auch noch Pilatus im Glaubensbekenntnis“ sagt ein serbisches Sprichwort. Denn Pilatus, der willensschwächste Offizier der Geschichte, bestätigt als reale historische Person die geschichtliche Zuverlässigkeit des Evangeliums. Den Doketen zum Trotz ist doch „das Wort Gottes Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben Seine Herrlichkeit gesehen (das unerschaffene Licht Seiner Göttlichkeit)“ (Joh 1,14). „Denn in Ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes“ (Kol 2,9), d. h. er ist ganz Gott und ganz Mensch.

Die Fleischwerdung und die Geburt des Gottmenschen ist ein Skandal für die menschliche Weisheit, welche sie sich selbst abschafft und widerlegt, indem sie versucht, das Mysterium Christi als „Torheit“ zu bezeichnen, welche durch den Tod am Kreuz vollendet wird (1 Kor 1,23). Ist es möglich, dass Gott jenen Bereich der Kenosis (Entäußerung) erreicht, dass Er am Kreuz als Gottmensch stirbt? Dies ist der Skandal für die Weisen dieser Welt. Ihrer Ansicht nach opfern die „Götter“ dieser Welt üblicherweise die Menschen für sich selbst und opfern nicht sich für die Menschen. Wie könnten sie also diese göttliche Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit annehmen? „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, […] damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,16. 17). Im Rahmen einer „logischen“ oder „naturgemäßen“ theologischen Abhandlung verliert sich das Göttliche in der Person Christi und es bleibt das Menschliche, und auch dieses missverstanden und verfälscht, weil es historisch keinen Menschen Christus gibt, sondern den Gottmenschen. Die Vereinigung Gottes und des Menschen in der Person des Göttlichen Logos ist „unvermischt“, aber auch „ungeteilt“. Die „logischen“ Auslegungen der Person Christi erweisen sich als unvernünftig, weil sie nicht imstande sind, mit der Logik zu begreifen, was über der Logik steht.

Auch das juristische Bewusstsein ist Teil des Skandals um Jesus Christus. Es sucht eine soziale Ursache in der Fleischwerdung und endet ebenfalls in einem Mythos, wenn es sich nicht auf das göttliche Wort verlässt. Die Franken entwickelten mittels des bekannten Scholastikers Anselm (11. Jh.) den Mythosder „Genugtuung dergöttlichenGerechtigkeit.“Der Göttliche Logos nahm Fleisch an, um gekreuzigt und geopfert zu werden und so eine Genugtuung für die Lästerung zu geben, die die menschliche Sünde Gott zugefügt hat. Die vorherrschende mythologische Meinung in der damaligen fränkischen Feudalgesellschaft über Gott zeigt sich darin, dass Er in der fränkisch-deutschen Vorstellung die Position eines über allem stehenden Allherrschers einnimmt. Auch wenn Johannes rief: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (3,16), oder auch Paulus: „Gott aber beweist seine Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren“ (Römer 5,8). Vergebens! „Damit er für sich Rache nimmt“ und damit er „Genugtuung fordert“ wird der westliche oder verwestlichte Mensch lernen zu rufen.

Dadurch wurde ein „Christentum“ in einer anderen Gestalt erschaffen, welches sich nicht von der Mythologie unterscheidet und abgrenzt, sondern auf Gott unsere Fantasien und unsere Aberglauben projiziert. Die Rationalisierung und Vergesetzlichung des Mysteriums des Gottmenschen stellt die größte Gefahr für das Christentum in der Geschichte dar.

Das religiöse (formalistische) Bewusstsein erlebt einen „Skandal“ der Menschwerdung, indem es in die Erschaffung des Glaubens flüchtet. Es verlässt den Sinn von Weihnachten zugunsten von Feierlichkeiten und verliert den wahren Zweck, welcher die „Adoption“ (Vergöttlichung) ist: „Damit wir an Kindes statt angenommen würden“ (Gal. 4,5). Sonst handelt es sich um den Skandal des Pharisäertums, auch wenn man es Christentum nennt.

Es sind jedoch die Feinde des „Kindes“, die den Skandal der Macht leben. Der Herodismus! Die Herrschenden, oder besser gesagt diejenige, „die behaupteten, dass sie herrschen“ (Mk 10,42; glauben, dass sie herrschen), wie Herodes, sehen im neugeborenen Jesus Christus eine Konkurrenz und eine Gefahr ihrer Interessen. Deswegenhabensie „demKindnachdemLebengetrachtet“ (Mt 2,20). Sie missverstehen auf diese Weise den wahren Charakter der Herrlichkeit Christi, die „kein Ende hat“. Christus als der König der Schöpfung ist deren einziger wahrhafter Herr, deren Schöpfer und Retter, und nicht die Heroden dieser Welt, die entschlossen morden, um ihre Herrschaft beizubehalten.

Der Heilige Gregor von Nazianz (E.P 36,516) bietet uns die Möglichkeit, einer richtigen Annäherung an Weihnachten, also eine mit dem Heiligen Geist erfüllte: „Denn wir feiern nicht festlich, sondern göttlich; nicht weltlich, sondern himmlisch; nicht unseretwegen sondern wegen des unseren (d. h. wegen Christus). Allerdings wegen unsers Herrn. Nicht wegen der Schwächen, sondern wegen der Heilung; nicht wegen der Schöpfung, sondern wegen der Wiedererschöpfung“.

Erzpriester Georgios Metallinos

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