Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
Metropolit Arsenios von Austria und Exarch von Ungarn
„Ich komme, tanzen will ich! Ich tanze, doch schlage nicht die Kithara oder den Bacchus-Stab, ich spiele nicht die Flöte oder Schalmeien, anstatt von Musikinstrumenten trage ich die Windeln Christi. Denn diese sind für mich Hoffnung, sind für mich Leben, sind für mich Erlösung, sind für mich Flöte und Kithara. Deshalb komme ich und trage sie, damit ich durch ihre Macht Kraft bekomme, mit den Engeln zu sprechen: Ehre sei Gott in der Höhe! Mit den Hirten und auf Erden Friede, bei den Menschen Sein Wohlgefallen!“[1]
Der einfache und endliche Verstand des Menschen kann sich dem „fremdartigen und unfassbaren“ Mysterium nicht nähern, das seit über 2.000 Jahren Erde und Himmel auf wunderbare Weise in Bewegung versetzt: Der Sohn Gottes wurde Mensch, um dem Menschen wieder den Zustand vor seinem Sündenfall zu schenken – jenen Zustand, für den Er ihn geschaffen hatte. Die Engel und die Menschen, alles Irdische und alles Himmlische, Bethlehem und jedes christliche Haus feiert, singt und freut sich: „Ein neues Kindlein ist geboren“ und die gläubigen Herzen erkennen, dass Er der „anfanglose Gott“ ist.
„Denn Er wollte es, es gefiel Ihm, Er kam herab und Er hat gerettet – alles läuft auf Gott zu.“ Der hl. Johannes Chrysostomos beschreibt mit diesen eindrucksvollen Worten den ganzen göttlichen Heilsplan. Er erinnert daran, dass die Entschlossenheit der Allmacht des Schöpfers die Naturgesetze übersteigt und das Meer der göttlichen Menschenliebe die Erlösung des Menschengeschlechts ermöglicht: „denn wo Gott will, wird die Ordnung der Natur besiegt“. Deshalb „feiern“ an Weihnachten „alle den auf Erden sichtbaren Gott, und den Menschen in den Himmeln; den Himmlischen sehen sie auf Erden um der Heilsordnung willen, und den Irdischen sehen sie im Himmel um der Menschenliebe willen“. Das Mysterium der Fleischwerdung des Sohnes und Logos Gottes kann nicht mit menschlichen Maßstäben eines einfachen Ortswechsels oder einer Weiterentwicklung erklärt werden, denn Seine göttliche Natur blieb unverändert: „Denn Er wurde nicht aufgrund der Ausdehnung der Gottheit zum Menschen, auch nicht aufgrund des Fortschreitens des Menschen wurde dieser Gott. Sondern Er war der Logos, ohne Leidenschaft wurde Er Fleisch und blieb unverändert in der Natur“[2].
Als „unerkennbare Erkenntnis“ bezeichnet der Dichter des Akathistos-Hymnus dieses Mysterium und wiederholt das Staunen vieler Väter und Dichter: „Alle Engel staunten über das große Werk Deiner Menschwerdung“. Die Engel schauten und erblickten den unzugänglichen Gott-Menschen, als Er mit uns allen gemeinsam lebte und für alle zugänglich wurde. Wenn die „fremdartige Geburt“, diese in der Menschheitsgeschichte einzigartige Geburt, schon für die geistigen Mächte staunenswert ist, wie viel mehr ist sie das dann für den menschlichen Verstand?
Der Apostel Paulus schreibt über diese im Mysterium verborgene Weisheit Gottes: „Vielmehr verkünden wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat zu unserer Verherrlichung. Keiner der Machthaber dieser Welt hat sie erkannt; denn hätten sie die Weisheit Gottes erkannt, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.“ (1 Kor 2,7f.) An anderer Stelle beschreibt sich Paulus als Diener „gemäß dem Heilsplan Gottes“, der den Völkern offenbart, dass Christus „jenes Geheimnis, das seit ewigen Zeiten und Generationen verborgen war“ und jetzt den Gläubigen offenbart wurde (Kol 26–28). Die Fleischwerdung des Sohnes und Logos Gottes ist das Zusammenlaufen und der Höhepunkt der Offenbarungen Gottes, kulminiert in der gottmenschlichen Person Jesu Christi.
Der Schöpfer hat Sein Geschöpf, den Menschen, nach Seinem Bild geschaffen, mit Verstand und freiem Willen begabt, darauf ausgerichtet, Ihm ähnlich zu werden, ja sogar wie Er selbst zu werden: vollkommen tugendhaft, denn die Tugenden sind die ursprünglichen Kennzeichen der göttlichen Natur: Weisheit, Gerechtigkeit, Güte, Langmut, Besonnenheit und Unversehrtheit werden auch jenen Menschen bezeichnen, der die „Gott ähnlich“ geworden ist.
Der Mensch wurde also von Gott geschaffen und stand in vollkommener Gemeinschaft mit Ihm, darauf ausgerichtet unvergänglich zu bleiben. Die Erstgeschaffenen und in der Folge wir als ihre Nachkommen haben jedoch durch die Übertretung des göttlichen Gebots die unvergänglichen Merkmale der göttlichen Natur verzerrt. Wir haben die Gemeinschaft mit Gott verloren und es zugelassen, dass uns die Sünde tötet. Und da wir also des Lebens entbehrten, sind wir vergänglich geworden im Schatten des Todes. Wir haben das Licht Gottes verlassen: „Was haben Licht und Finsternis gemeinsam?“ (2 Kor 6,14)
Weil Gott uns das höchste Gut, die Gemeinschaft mit Ihm, geschenkt hat, wir diese aber nicht bewahrt haben, war es notwendig, dass Er in höchster Güte selbst herabstieg in unsere Natur. Durch Seine Geburt als Gottmensch schenkt Er dem Menschen die Möglichkeit der Erneuerung. Durch Sein Wirken, Sein Leiden und Seine Auferstehung hebt Er uns auf und reicht uns das „ursprüngliche Gewand“. Das ist die Selbstentäußerung (Kenose) Gottes und die Erneuerung des Menschen. Die Fesseln der Herrschaft des Teufels werden gelöst und die zertrümmerten Wesen werden wieder in die „ursprüngliche Schönheit“ versetzt, die ganze Schöpfung wird geheiligt.
Die Einladung, Gott als den einzig wahren Gott anzuerkennen, steht allen zu jeder Zeit offen. Die Menschheit hat die Möglichkeit, aus der Vergänglichkeit des Todes auszubrechen und der tyrannischen Herrschaft der Sünde zu entgehen. Die Menschen können ohne Zwang die Tugend wählen und sich um sie bemühen, in Sanftmut, Geduld und bereit zur Vergebung, um freigesprochen zu werden und in Ewigkeit wiederhergestellt zu werden.
Die Güte und die Liebe Gottes zum Menschen, die eigentlichen Beweggründe der Fleischwerdung des Logos, zielen ab auf die Erlösung sogar des Menschen von heute, der geprägt ist von der schnellen und einfachen Lösung seiner Probleme, auch im Blick auf die Erkenntnis des Wahren und Bleibenden. Viele Menschen finden heute keine wirkliche Ruhe mehr. Die Ersatzlösungen, die falschen Messiasse mit ihren Heilsversprechungen, die allzu menschlichen und herbeiphantasierten Götter und die Fesseln der Leidenschaften verschaffen letzten Endes keine Befriedigung, sondern sind voller Mühe und Enttäuschung. Die Menschen besitzen alles, und doch fehlt ihnen nur das eine, wie es im Evangelium heißt, um mit sich selbst zufrieden sein zu können. Dieser Mangel macht die Entfremdung von Gott und die Indifferenz zu den Mitmenschen offensichtlich. Wir stellen fest, dass nicht nur der Vater, sondern die ganze Familie fehlt, die Gemeinschaft mit Gott und die Gemeinschaft mit den Geschwistern, welche die Liebe zu Gott offenbart. Trotz der inneren wie äußeren Schwierigkeiten sehnen sich auch heute Viele danach, das große und unfassbare Mysterium der Geburt Christi zu sehen, das seit Ewigkeiten die einzige Wahrheit für die Menschheit ist. Doch wie können sie den Weg nach Bethlehem finden?
Nach dem heiligen Symeon dem Neuen Theologen kann die Beziehung zu Gott auf folgende Weise wiederhergestellt werden: „Doch gebt genau acht …: Gott wurde Mensch, Verwandter und Bruder aller Menschen. Er ist also der einzige Sohn Gottes und Gott und Mensch, Er ist der einzig Heilige und bleibt heilig in alle Ewigkeit, Er allein ist gerecht, allein wahr, allein unsterblich, allein menschenliebend, allein barmherzig und voll Erbarmen, Er allein hat die Macht, Er allein ist das Licht der Welt, das unzugängliche Licht. Er allein ist einzig. Und während wir selbst in der Vergänglichkeit und im Tod stehen, ist unser Glaube eingetreten zwischen Gott und die Menschen. Obwohl wir arm sind und absolut nichts haben, um zu unserer Erlösung beizutragen, wurde stattdessen unser Glaube an Ihn angenommen. Und Gott hat Sich unser erbarmt und schenkt uns die Vergebung der Sünden, die Befreiung vom Tod und der Vergänglichkeit. Das schenkt Er allen, die aus ganzem Herzen an Ihn glauben. Und nicht nur das, sondern auch all jenes, das Er durch die heiligen Evangelien verheißt. Was ist das? Unsere Neugeburt durch die Taufe durch Wasser und Heiligen Geist sowie unsere Neuschöpfung und dass wir unter die Heiligen gezählt werden. Er gewährt die Gnade des Heiligen Geistes und würdigt uns, an den Gütern der Erde, welche die Sanftmütigen erben werden, mit Freude und Herzensjubel teilzuhaben. Er gibt uns die Möglichkeit, durch Ihn mit Gott Vater, verbunden mit dem Heiligen Geist, vereint zu werden.“[3]
Es ist also der Glaube, der den Menschen mit Gott vereint. Seine Gnade kommt und nährt die Liebe zu den Mitmenschen. Wie die Liebe den Gott-Logos zur göttlichen „Selbstentäußerung“ (Kenose) antrieb, muss jeder, der Ihn liebt, sich selbst entäußern, um seinem Nächsten zu begegnen.
Die Lehre der göttlichen Selbstentäußerung gehört zum Fundament der Theologie des Apostels Paulus: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern Er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; Er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.“ (Phil 2,5–8) Der Selbstermächtigung, dem Hochmut, der Selbstgenügsamkeit, dem Aufbegehren und der Sünde wurde die göttliche Demut entgegengestellt, die dadurch zum unüberholbaren Vorbild der menschlichen „Selbstentäußerung“ wurde.
In den weihnachtlichen Hymnen singen wir: „„Es sah der Schöpfer das Verderbnis des Menschen, den Er mit den eigenen Händen erschaffen hat, Er neigt die Himmel und steigt herab. Seine Natur nimmt Er gänzlich an aus der heiligen und unschuldigen Jungfrau und wurde in Wahrheit Fleisch, denn verherrlicht wird Er.“[4] Unsere Errettung ist Werk und Gnade Gottes, der seit Ewigkeit die Erlösung voraussah.
Gemäß unserem Glaubensbekenntnis an den Dreifaltigen Gott unterscheiden wir zwischen einer zeitlosen Geburt Christi und Seiner Geburt in der Zeit. Die zeitlose und immerwährende Geburt Christi ist Seine Geburt durch den Vater. In der Heiligen Schrift wird Christus als Sohn Gottes bezeichnet. Als Sohn wurde Er aus dem Vater geboren. Das Mysterium der Dreifaltigkeit Gottes besagt, dass Vater, Sohn und der Heilige Geist drei Personen sind, aber dennoch nur ein Gott. Für den menschlichen Verstand ist dieses Mysterium unmöglich zu verstehen, zumal es auch keine anderen Beispiele dafür gibt. Die Kirchenväter helfen dabei, uns diesem großen Mysterium anzunähern, indem sie das Beispiel der Sonne und des Verstandes heranziehen: Wie die Sonne das Licht und die Wärme hervorbringt und dennoch eins bleibt, und wie der Verstand das Wort und den Gedanken hervorbringt, die dennoch nicht voneinander getrennt werden können, so gebiert der Vater den Sohn und sendet den Heiligen Geist. Doch die drei Personen hören auch nicht einen Augenblick auf, ein Wesen und eine Natur zu sein.
In Psalm 109 wird auf die erste und zeitlose Geburt Christi hingewiesen: „Ich habe dich aus dem Schoß gezeugt vor dem Morgenstern.“ Noch vor den Sternen und vor der Zeit hat der Vater Christus aus Seinem Schoß geboren, wie wir auch im Johannesevangelium lesen. Natürlich hat Gott keinen Schoß im biologischen Sinn, doch diese menschlichen Ausdrucksformen weisen hin auf eine übernatürliche Wahrheit, dass nämlich der Sohn wesensgleich ist mit dem Vater, dass Er als von Ihm gezeugt mit Ihm das gleiche Weisen teilt. Mit dem Ausdruck „Schoß“ wird angedeutet, dass Er aus Seiner Natur geboren wurde, aus Seinem innersten Wesen, aus Seiner Gottheit. Wie deine Pflanze Pflanzen hervorbringt, ein Tier wiederum Tiere und der Mensch Menschen, so ist auch Er, der aus Gott geboren wurde, selbst Gott. Er ist „Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“, wie es im Glaubensbekenntnis heißt. „Gezeugt, nicht geschaffen, geboren vor aller Zeit“. Christus wurde gezeugt, nicht geschaffen, Er ist der Sohn, der einziggeborene und erstgeborene, der erste und einzige. Er ist nicht der Erstgeschaffene, sondern der Erstgeborene, die Schöpfung unterscheidet sich wesentlich von der Geburt. Die erste Geburt Christus geschah also vor aller Zeit, bevor die Welt wurde, vorewiglich und anfanglos. Es gab keine Zeit ohne den Sohn, wie es auch keine Zeit gab ohne Gott Vater. „Mit dem Vater ist der Sohn und der Heilige Geist“, wie uns auch die Heilige Schrift lehrt. „Im Anfang war der Logos“, heißt es zu Beginn des Johannesevangeliums, „und der Logos war bei Gott und Gott war der Logos“ (Joh 1,1), d. h. der anfanglose Logo-Christus, mitanfanglos und wesensgleich mit Gott Vater. Als Paulus in seinem Brief an die Hebräer den Hohepriester Melchisedek als Sinnbild Christi bezeichnete, schrieb er, dass Christus „vaterlos, mutterlos und ohne Stammbaum ist, ohne Anfang seiner Tage und ohne Ende seines Leben“ (Hebr 7,3). Die erste Geburt Christi ist also nicht nur zeitlos und ewig, sondern ist auch immerwährend. Mit „ewig“ wird das bezeichnet, das kein Ende hat, sondern einen Anfang: ewig sind beispielsweise die Engel und die Menschen. Mit „immerwährend“ wird das bezeichnet, das weder Anfang noch Ende hat: immerwährend ist nur Gott. „Das Mysterium erträgt keine Erforschung“ – nur mit dem Glauben können wir uns diesen großen und erhabenen Fragen der Gotteserkenntnis annähern.
Die zweite Geburt Christis ist seine Geburt im Fleisch, in der Geschichte und in der Zeit. „Der Logos ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“, verkündet der Evangelist Johannes (Joh 1,14). Auch der Erste Timotheusbrief lehrt, dass Gott im Fleisch offenbart wurde (1 Tim 3,16). Der heilige Märtyrer und Bischof von Ankyra Theodot erklärte im 5. Jahrhundert das Glaubensbekenntnis und schreibt, dass Gott gemäß Seinem Heilsplan und für das Heil der Menschen ohne Seine leidenslose göttliche Natur zu verändern aus dem Himmel herabgestiegen ist und sich mit dem verletzlichen menschlichen Natur vereint hat.[5]
Während Christus als Gott ohne Mutter ist, ist er als Mensch ohne Vater, gezeugt aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau Maria. Seine Empfängnis geschah samenlos, wie die heiligen Kirchenväter schreiben, ohne Zutun eines Mannes. Und ebenso wie es gottlos wäre, für Seine Gottheit eine Mutter zu ersinnen, so der heilige Johannes Chrysostomos, wäre es blasphemisch, einen Vater für Seine Menschheit anzunehmen. Auch Seine Geburt geschah aus jungfräulichem Schoß und war nicht der Vergänglichkeit unterworfen. Die Lehre der Kirche fasste Chrysostomos so zusammen: „Denn Gott war nicht der Vergänglichkeit unterworfen; denn auf für Gott würdige Weise wurde Er geboren, und auch die Jungfrau musste keine Vergänglichkeit erleiden.“
Ebenso wie die zeitlose Geburt Christi ein Mysterium ist, so ist auch Seine Geburt in der Zeit ein Mysterium. In seiner wunderbaren zweiten Predigt auf Weihnachten schreibt der gleiche Kirchenvater: „Heute wird Er auf unaussprechliche Weise aus dem Vater gezeugt, aus der Jungfrau wird Er auf ungekannte Weise geboren.“ Wir können weder Seine Geburt aus dem Vater beschreiben noch Seine Geburt aus der Jungfrau in Worte fassen. Und er fährt fort: „Einst wurde Er gemäß der Natur des Vaters vor aller Ewigkeit geboren, wie Er selbst weiß“, d. h. nur Gott Vater, der Ihn selbst geboren hat, kennt Seine vorewigliche Geburt. „Und heute wird Er abermals auf übernatürliche Weise geboren“, denn auch Seine menschliche Geburt ist übernatürlich. „Denn wie Seine himmlische Geburt wahr ist, so ist auch Seine Geburt auf Erden ohne Trug“, schließt der heilige Chrysostomos.[6] Die gleiche Person ist also der vorewiglich aus Gott geborene Gott wie der Mensch, der aus der Jungfrau Maria geboren wurde: der Sohn Gottes und Menschensohn, der Gottmensch Jesus Christus.
Der Herr wurde Mensch, ohne aufzuhören Gott zu sein. Im Himmel als einziggeborener Sohn Gottes, auf Erden als einziggeborener Sohn der Jungfrau, d. h. des Menschen. Der Apostel Paulus drückt es folgendermaßen aus: „Denn in Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ (Kol 2,9) Nach dem heiligen Gregorios Palamas ist der Mensch das Wahrgenommene, Gott aber das Verborgene, denn ohne Seine göttliche Natur zurückzulassen hat Er sich mit der menschlichen Gestalt verbunden. Deshalb ist auch jeder Mensch dazu berufen, sich mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes, zu vereinen. Der gläubige Christus sucht demütig Sein Erbarmen und die Befreiung von seinen Unzulänglichkeiten sowie die Hoffnung auf Erlösung, um in den Mysterien Seiner Kirche mit Ihm zu leben, besonders durch Seine Gegenwart in der Heiligen Eucharistie.
„Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und leerem Trug einfängt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt berufen, nicht auf Christus!“, rät uns der Apostel Paulus. Hören wir auf Ihn!
Wenn wir heuer zu Weihnachten dem in Bethlehem geborenen Herrn Jesus Christus begegnen, wollen wir die Worte des Apostels bedenken: „Darum führt auch, wie es Ihm entspricht, euren Lebenswandel! Bleibt in Ihm verwurzelt und auf ihn gegründet, gefestigt durch den Glauben, in dem ihr unterrichtet wurdet! Seid voller Dankbarkeit! […] Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. […] Dadurch sollen sie getröstet werden, verbunden in der Liebe, um die tiefe und reiche Einsicht zu erlangen und das Geheimnis Gottes zu erkennen, das Christus ist. In ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen.“ (Kol 2,2–10)
[1] Johannes Chrysostomos, Auf die Geburt unseres Erlösers Jesus Christus (PG 56, 387).
[2] Ebd. (PG 56, 385).
[3] Hl. Symeon der Neue Theologe, Theologischer Traktat 13, 155–183, in: J. Darrouzès (Hg.), Syméon le Nouveau Théologien, Traités théologiques et éthiques (Sources chrétiennes 129), Paris 1967, Bd. 2, 359–360.
[4] Troparion der Ersten Ode des Weihnachtskanons, Dichtung des hl. Kosmas des Meloden (685–750).
[5] Vgl. hl. Theodot, Bischof von Ankyra, in: PG 77, 1117AB.
[6] Hl. Johannes Chrysostomos, Auf die Geburt unseres Erlösers Jesus Christus, in: PG 56, 387–388A.