Metanoia – Umkehr: Der Weg der Versöhnung

Metropolit Arsenios von Austria und Exarch von Ungarn

Der Herr stellt in Seiner ersten irdischen Verkündigung die Umkehr[1] als das fundamentale Mittel zu unserer Rettung dar. Sein Wort ist klar und deutlich.[2] Das ewige Leben schenkt uns die Vergebung unserer sündhaften Taten. Die Vergebung wird uns auf keine andere Weise geschenkt als mit der Beichte. Um die Vergebung durch das Mysterium der Beichte zu empfangen, reicht das einfache mündliche Aussprechen unserer Sünden nicht aus. Unbedingt notwendig ist die ehrliche Reue und Umkehr, die eng verbunden ist mit der Zerknirschung und dem tiefen Bewusstsein der Sündhaftigkeit, unserer geistigen Schwachheit.

Es wird also verständlich, dass Reue und Umkehr in der Kirche nicht etwas Abstraktes, sondern ein klares Gebot Christi sind und somit ein Lebensziel für den Gläubigen. Umkehr bedeutet die Rückkehr des Menschen von seinem Leben gegen die Natur, nämlich dem Leben der Sünde, hin zum naturgemäßen Leben, wie uns das Wort Gottes auffordert. Die wahrhafte Umkehr bedeutet die Verneinung, die Entsagung der Sünde und – stets in vollkommener Freiheit – den Gehorsam dem göttlichen Willen gegenüber.

Reue bzw. Umkehr ist die Änderung des Zustands, es ist eine Änderung der Art und Weise des Denkens und auch des Lebens. Sie ist innerliche Wiedergeburt und wahrhafte Wandlung. Nach dem heiligen Isaak dem Syrer ist die Umkehr das Ablassen von den bisherigen Sünden, sie ist die zweite Gnade, die im Herzen des Menschen aus dem Glauben heraus geboren wird.[3]

Der heilige Johannes der Sinait gibt uns in seiner Himmelsleiter eine sehr umfassende Beschreibung dieser Umkehr: „Die metanoia ist der Erneuerung der Taufe. Die metanoia ist ein ‚Abkommen‘ mit Gott über ein zweites Leben. Mit der metanoia erwirbt man die Demut. […] Die metanoia ist die Tochter der Hoffnung und die Ablehnung der Verzweiflung. Der Umkehrende ist ein unbeschämter Verurteilter. Die metanoia ist die Wiederversöhnung mit dem Herrn, durch das Vollbringen guter Taten, entgegen der schlechten. Die metanoia ist die Reinigung des Gewissens. Die metanoia ist das freiwillige Ertragen aller erdrückenden Sorgen. […].“[4]

Die Umkehr wäre nicht notwendig, wenn die menschliche Natur nicht nach dem Fall der Vorväter zum Bösen neigen würde. Aufgrund der Verdunkelung unseres Verstandes vergessen wir auf Gott und Seine Gebote. Der Mensch, das göttliche Geschöpf nach dem Bild Gottes, gerät in die Gewalt der Sünde. Der Sohn und Logos Gottes wurde Mensch und kam auf die Erde, denn nur Er konnte Sein Geschöpf von der Sünde befreien. Nur Er konnte mit Seinem Kreuzesopfer und Seiner lebenspendenden Auferstehung den geistig toten Menschen zum neuen Leben in Gott auferstehen lassen; nur Er konnte ihn, vom Sklaven der Sünde, neuerlich Kind Gottes werden lassen.

Dieses Heilswirken des Herrn setzt die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche als Leib Christi fort, als Ort der Heilung der Seelen und Leiber, als Mutter und Ernährerin der Gläubigen. Die Kirche Christi, deren „ganze Satzung“ der Allheilige Geist „zusammenschmiedet“[5], wirkt mit ihrer reinen Lehre, ihrer unerschütterlichen Ordnung und heiligen Mysterien (Sakramenten) die Heiligung ihrer Glieder und heilt mit ihrer rettenden Medizin ihre Wunden und Schwächen.

Die heilige Taufe, der Anfang und die Voraussetzung aller Mysterien, führt uns hinein in die Kirche und erneuert zur gleichen Zeit unsere Schöpfung nach dem „Ebenbild Gottes“, sie „aktiviert“ die Charismen, die uns von Gott geschenkt wurden, um an unserer Erlösung mitzuarbeiten, die jedoch durch unseren Fall in Trägheit gefallen sind. Unsere Umkehr versöhnt uns mit Gott, nämlich dahingehend, „dass Freundschaft mit der Welt“ (d.h. die Sünde), so der heilige Herrenbruder Jakobus, „Feindschaft mit Gott ist. Wer also ein Freund der Welt sein will, der wird zum Feind Gottes“[6].

Nach der kirchlichen Tradition und besonders nach den gotttragenden Vätern der Kirche, ist für die metanoia eine Art „Wegweiser“ erforderlich, der uns bei der Versöhnung mit Gott zur Seite steht. Auf charakteristische Weise beschreibt ihn der heilige Johannes von Damaskus: „[…] Wer nun aufgrund der Sünde ein Diener des Teufels […] und zum Gespött des Gottes und Vaters geworden ist […], was soll er nun machen, damit er wieder zum Besitz jener wird, derer er verlustig gegangen ist? Jedenfalls muss er einen Mittler und Freund Gottes suchen, dem es möglich ist, ihn wieder zum vorherigen Zustand zurückzuverhelfen und mit Gott, dem Vater zu versöhnen. […] Nötig ist es also, einen Mittler, einen Arzt und einen guten Ratgeber zu suchen, damit er dir als guter Ratgeber im Guten geeignete Weisen der metanoia aufträgt, als Arzt dir die geeignete Medizin für die Wunden verabreicht, als Mittler durch das Gebet und im Bitten zu Gott vor Ihm von Angesicht zu Angesicht für dich eintritt und dich mit dem Göttlichen versöhnt.“[7]

Dieser Arzt, der Vermittler und Ratgeber ist der geistliche Vater. Der geistliche Vater ist ein Priester, der für dieses Wirken einen speziellen Segen empfangen hat. Es ist notwendig, dass er den Menschen zu Reue und Umkehr führt und dass der Mensch – natürlich in vollkommener Freiheit – an ihn herantritt und sich gehorsam seinen Weisungen unterwirft und auf diese Weise umkehrt. Der geistliche Vater muss eine unverwüstliche Beziehung geistiger Verwandtschaft mit dem Umkehrenden pflegen. Er „gebiert“ ihn aufs Neue im Leben in Christus, verfolgt seinen Weg, kämpft mit Ermahnungen und Gebet, um die Leidenschaften des reuigen Sünders zu heilen und ihm Christus abermals ins Herz zu pflanzen, den er mit der Sünde daraus verbannt hatte. Die Anstrengung des geistlichen Vaters wird deutlich in den Worten des Apostels Paulus: „Meine Kinder, für die ich von Neuem Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt annimmt.“[8]

Die metanoia in unserer Kirche ist nichts anderes als unsere Beziehung mit dem geistlichen Vater, welcher der Führer zur Rettung unserer Seele ist. Er ist es, dem wir unsere Seele anvertrauen, wir offenbaren ihm mit reuigem Herzen unsere Sünden und er müht sich gemeinsam mit uns um unser geistiges Vorankommen in der Zukunft, eine Zukunft, welche die Ewigkeit meint. Von dem Moment an, in dem unsere Seele nahe dem geistlichen Vater Ruhe findet, müssen wir unseren eigenen Willen abtöten und in jeglicher Hinsicht seinem Wort folgen, denn für uns ist es das Wort Gottes. Hier geht es aber nicht um die Beschneidung oder Vernichtung unserer persönlichen Freiheit. Wenn es schon als selbstverständlich erachtet wird, dass wir alles, was der Arzt zur Heilung unseres Körpers festlegt, nicht bezweifeln, so ist es auch nicht förderlich, die Ermahnung oder sogar Verbote des geistlichen Arztes unserer Seele zu kritisieren oder abzulehnen, denn so würden wir erst recht in der geistlichen Krankheit verbleiben und die göttliche Gnade vertreiben.

Von der Bedeutung des Gehorsams und ihrer höchsten Rolle in unserer Umkehr spricht unter anderen auch der heilige Siluan vom Berg Athos, der den innerlichen Gehorsam dem geistlichen Vater gegenüber für eine Gabe der göttlichen Gnade hält. Vergeblich meinen einige, betont der heilige Vater, dass der geistliche Vater auch nur ein unvollkommener Mensch sei und es notwendig sei, ihm den Sachverhalt detailliert zu erklären, da er sonst nicht verstehen oder leichter einen Fehler machen würde, weshalb man ihn verbessern müsse. Wer auch immer nicht mit dem geistlichen Vater übereinstimmt und ihn berichtigt, stellt sich selbst über den geistlichen Vater. Folglich hat er keine Demut. Niemand ist vollkommenen und auch der geistliche Vater beansprucht diese Eigenschaft nicht. Das diesbezügliche Desiderat ist der Gehorsam, der in Beziehung steht mit der Demut, welche den Gläubigen zur Umkehr führt.[9]

Der metanoia folgt, wie wir schon erwähnt haben, nach der kirchlichen Tradition das mündliche Bekenntnis der Sünden. Das Eingeständnis der Sünden ist die willentliche Offenbarung der schlechten Werke, Worte und Gedanken. Sie verursacht innige Betrübnis, d.h. sie wird begleitet von der Zerknirschung des Herzens, es ist entschlossen und geschieht vor dem geistlichen Vater.[10] Wir müssen an dieser Stelle die vollkommene Freiheit des reuigen Sünders in seinem Herantreten an den geistlichen Vater betonen. Voraussetzung aller Reue und Umkehr ist unsere eingehende Selbstprüfung, die uns zur Läuterung führt, zur Erkenntnis unserer Sünden und natürlich zur vollkommen freien Offenbarung unserer Sünden. Die Zerknirschung spielt auch eine sehr wichtige Rolle auf dem Weg zur metanoia, denn das Herz, das den Herrn verletzte, ist nun betrübt, da es undankbar Seinen Gaben und Seiner Liebe gegenüber war.

Damit der Mensch zur metanoia gelangt, muss er drei wichtige Stufen durchschreiten:

a) Das Bewusstsein der Sündhaftigkeit. In dieser Situation muss der Gläubige seine Erlösung durch die Umkehr (metanoia) erbitten. Der heilige Symeon der Neue Theologe schreibt, dass „die metanoia die Erkenntnis der Sünde ist“[11], während der heilige Johannes Chrysostomus uns sagt: „Von welchen Sünden willst du befreit werden? Auch von jenen, um die du nicht einmal weißt?“[12] Wenn jemand nicht um seine Sünden weiß, dann sucht er auch nicht um ihre Heilung.[13] Der heilige Isidor von Pelusium betont, dass ein Kranker, der sich selbst für gesund hält, sich in einem unheilbaren Wahn befindet und keinen Arzt aufsuchen wird, den er weiß nicht, dass er krank ist.[14] Der heilige Johannes Chrysostomus rät dazu: „Sieh ein, dass du gesündigt hast und sprich: Ich habe gesündigt“[15]. Das Bewusstsein der Sünde ist der Beginn der Erleuchtung der Seele und Beweis, dass sie sich auf einem guten Weg befindet. In dieser Phase tritt die Zerknirschung und Verdemütigung des Herzens ein. Die Väter und die Heiligen kommen darin überein, dass der Mensch nicht zum Bewusstsein der Sünde und zur metanoia gelangen kann, wenn er sich davor nicht ein für alle Mal von der Sünde entfernt hat, damit er zur richtigen Einsicht kommen kann: „Denn der Sünder sieht seine Sünden nicht, wenn er sich von ihnen nicht durch eine bittere Trennung losgelöst hat“[16]. Sehr lebhaft begründet der heilige Symeon der Neue Theologe diese notwendige Voraussetzung: „Der aus der Finsternis Entrissene weiß ganz genau um die Schlechtigkeit in sich selbst.“[17] Die Prüfung muss mit großer Sorgfalt geschehen, sowohl in der ganzen Tiefe des Gewissens als auch in all unseren Taten. Nach den Vätern muss sie tagtäglich und das ganze Leben lang geschehen.[18] Neben dieser Selbstprüfung braucht es auch eine ständige Besinnung auf unsere Sünden, damit wir über sie klagen und nicht von Neuem vollbringen. Außerdem müssen wir uns die göttlichen Wohltaten ständig vor Augen halten, die wir in der Umkehr und der Vergebung der Sünden erhalten haben.[19]

b) Die zweite Stufe ist die Klage. Nach dem heiligen Johannes Sinaites ist „die Trauer einer reuigen Seele von derartiger Betrübnis geplagt, dass sie jeden Tag Schmerz über Schmerz auf sich lädt, wie bei einer Frau in den Geburtswehen.“[20] Der heilige Johannes Chryosostomus nennt dieses Leid sogar „gutes Leid“ und rät dem Gläubigen, besser gleich über die Sünde als später über die Bestrafung zu klagen.[21] Der heilige Symeon der Neue Theologe ist sehr entschieden was die Notwendigkeit der Klage über unsere Sünden angeht und bekräftigt, dass sich, wer meint, dass er zwar umgekehrt sei, aber nicht über seine Sünden klagt, im Irrtum befindet: „Vor der Klage und den Tränen täusche uns niemand mit Wörtern und auch uns selbst sollen wir nicht täuschen. In uns gibt es keine metanoia, auch keine wahre Reue, in unseren Herzen keine Gottesfurcht, auch haben wir sie nicht erkennt; auch unsere Seele hat das kommende Gericht nicht vor Augen und auch nicht die ewigen Strafen. Wenn sie sich dies zu eigen gemacht hätte, so würden sofort Tränenströme hervorquellen. Ohne sie [die Tränen] kann weder jemals unsere Hartherzigkeit erweicht werden, noch unsere Seele geistige Demut erwerben, noch können wir demütig werden. Wer nicht so geworden ist, kann nicht mit dem Heiligen Geist vereint werden. Wer nicht aus der Reinigung heraus vereint wird, kann weder in der Theoria noch in der Erkenntnis Gottes sein, noch würdig werden, die Tugenden der Demut auf mystische Weise gelehrt zu werden.“[22] Es ist zudem erwähnenswert, dass es, obwohl die Klage zu den ersten Stufen der Umkehr gezählt wird, dennoch nicht widersprüchlich ist, wenn in einigen Texte der orthodoxen Tradition die Klage als Weg der Umkehr überhaupt bezeichnet wird: „Es gibt noch einen anderen Weg der Umkehr. Welcher das ist? Es ist die Klage über die Sünde. Du hast gesündigt? Trauere und klage, und du wirst die Sünde lösen“.[23] Dazu müssen wir festhalten, dass es zwei Arten der Klage gibt, nämlich die gottgemäße und die weltliche. Diese Unterscheidung traf bereits der Apostel Paulus (2 Kor 7,9-11). Der heilige Maximus Confessor schreibt, dass die Klage nach Gottes Willen ein rettender Kummer ist, während die weltliche Klage den Menschen verdirbt und daher verheerend ist.[24] Um sicher zu sein, dass man die gottgemäße Traurigkeit hat und sich nicht in einer Depression oder einer anderen psychischen Krankheit befindet, die eine ärztliche Behandlung benötigen, setzen die Väter die Liebe zu Gott als Kriterium ein. Der Sünder, der sich seiner Sünden bewusst ist, spürt seine Entfernung von Gott und klagt deshalb darüber.[25] Die gottgemäße Klage ist ein Geschenk des Heiligen Geistes, das dem wahrhaftig reuigen Menschen geschenkt wird.[26]

Wenn wir also von der Selbstanklage als Kennzeichen der echten Umkehr sprechen, meinen wir auf keinen Fall einen psychologischen Zustand der Depression, in der der Gläubige sich selbst Leid zufügen will. Wir meinen keine falsche äußerliche und aufgesetzte Demut. Der wahrhaft Umkehrende ist sich ohne Unterlass seiner persönlichen Schwächen bewusst, er vermeidet es, sich in das Leben der anderen einzumischen und hält alle anderen für höher als sich selbst. Dieser, der die Umkehr lebt, schreitet umso mehr voran zur Tugend, je mehr er sich selbst als Sünder sieht. Gleichzeitig wächst in ihm umso mehr die Hoffnung auf das Erbarmen Gottes.[27] Die wahre Umkehr bringt zwar Klage und Trauer hervor, führt die Seele aber in einen unbeschreiblichen Frieden und tiefe Freude, die kein Kummer der Welt hinwegnehmen kann. Es ist eine freudvolle Klage, über welche die Väter der Kirche oft sprechen.[28]

Die Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit ist eine weitere Voraussetzung der echten metanoia. Die Selbstkenntnis ist unbedingt notwendig für die Reinigung unserer Seele. Das Eingestehen unserer Leidenschaften und unseres Versagens ist natürlich sehr schwierig und dafür braucht es die Erleuchtung Gottes, damit wir in unserer Seele die innerliche Verschmutzung aufspüren und mit Demut und tapferer Gesinnung unsere geistige Krankheit annehmen können. Der Herr offenbart uns in Seiner Barmherzigkeit nicht gleich am Anfang unseres geistlichen Kampfes unser ganzes Unvermögen, damit wir nicht gleich die Hoffnung verlieren. Je weiter wir in der Demut voranschreiten, desto mehr wird uns unsere leidenschaftsgeplagte Lage offenbart. Die Selbsterforschung ist eine mühevolle Arbeit, besonders in der heutigen Zeit, die von äußeren Reizen und zahllosen Versuchungen geradezu überschwemmt wird.

c) Die Umkehr ist nur dann ehrlich, wenn sie von dem festen Vorsatz begleitet wird, nicht wieder die gleichen Sünden zu begehen. Das ist die dritte Stufe: die Änderung des Lebens. Das, was der Sünder bis gestern noch getan hat, das lässt er nun aus Liebe zu Christi in vollkommener Freiheit hinter sich.[29] Der Mensch muss genau das tun, was der Herr selbst uns im Gleichnis des Verlorenen Sohnes gelehrt hat: Er muss umkehren zu seinem Vater, aber erst, nachdem er sein vorheriges, sündhaftes Leben hinter sich gelassen hat.[30] Man muss, wie der heilige Johannes Chrysostomus rät, die Ursachen der Sünde auf eine Weise ändern, dass man Tugenden hervorbringt.[31] Wenn man dies nicht tut, so trifft, so der heilige Apostel Petrus, das Sprichwort zu: „Der Hund kehrt zurück zu dem, was er erbrochen hat, und: Die gewaschene Sau wälzt sich wieder im Dreck.“[32] Weil aber der menschliche Wille schwach ist, sendet Gott Seine Hilfe und mit Seiner Gnade wandelt Er uns stufenweise durch den geistlichen Vater, der unsere Umkehr empfängt. Die Erlangung der Tugenden geschieht nur durch das Zusammenwirken Gottes und des Menschen, denn der Anfang aller guten Dinge ist nur Gott. Ohne Ihn kann der Mensch weder etwas Gutes wollen, geschweige denn tun.[33]

Die geistige Unbeschwertheit ist ein besonders charakteristisches Merkmal unserer Zeit. Leider verstehen wir die Frage der Umkehr als etwas, das aus Gewohnheit geschieht, oder, noch schlechter, sie geschieht überhaupt nicht. Auf diese Weise wird auch die göttliche Gnade daran gehindert, in uns zu wirken und uns zu verwandeln von „zur Vernichtung bestimmten Gefäßen des Zorns“[34], in „Gefäße zu ehrenvollem Gebrauch, geheiligt, für den Herrn und zu jedem guten Werk bereitet“[35].Unsere angebliche Umkehr beschränkt sich auf eine seichte Gewissenserforschung und versteckt sich hinter dem Versuch, uns selbst rechtzufertigen. Wir sind zufrieden mit unserem Lebensstil und haben ein ruhiges Gewissen, weil wir uns an äußere Vorgaben halten. Wir halten viele unserer Sünden für nicht erwähnenswerte kleinere Vergehen, die wir nicht zu bereuen hätten. Auf diese Weise setzt sie Sünde ihr seelentötendes Werk fort. Statt unsere Sünden mit Umkehr und Reue zu bändigen, lassen wir sie frei die Gnade Gottes immer weiter von unserer Seele zu entfernen. Der heilige Paisios vom Berg Athos hat darauf hingewiesen, dass der Mensch, um sich mit Gott zu versöhnen, zu Bewusstsein kommen muss, um gemäß Seinen Geboten zu leben. Erst dann kann die Gnade und der Frieden Gottes in ihm Gestalt annehmen.[36]

Die Selbstgerechtigkeit ist also ein sehr großes Hindernis für die metanoia, denn sie offenbart den innerlichen Stolz. Der Pharisäer aus dem Gleichnis ist das Paradebeispiel für einen selbstgerechten Menschen. Er rühmt sich seiner Tugenden und hält sich selbst für gerecht, während er den Zöllner, den Sünder, sieht und ihn erniedrigt. Der Selbstgerechte erhebt sich selbst zum Richter über sich selbst und verleiht sich selbst den Titel eines „Gerechten“, da er meint, dass Gott verpflichtet sei, ihn zu belohnen. Es ist ihm unmöglich, seine innere Verdreckung zu sehen und hat daher auch keinen Geist der Zerknirschung und kann sich nicht aufrichtig bekehren, um die Gnade Gottes zu empfangen.

Auch das Aufschieben ist ein großes Hindernis für die metanoia des Menschen. Wir schieben eine sehr wichtige und drängende Angelegenheit unseres Lebens auf die lange Bank in die Zukunft. Wir vergessen, dass uns nur die Gegenwart gehört. Was die Zukunft angeht, so können wir nicht sicher sein. Die Stunde des Todes ist uns unbekannt und so müssen wir die Gegenwart nutzen, um uns zu bekehren. Es muss außerdem klar sein, dass die metanoia im allerletzten Moment und ohne geistlichen Vater nicht geschehen kann, ebensowenig wie eine Heilung ohne Arzt möglich ist.

Die Verzweiflung ist ein großes Hindernis für die Umkehr, besonders für jene, die sehr große Sünden begangen haben. Sie verdeckt arglistig die Barmherzigkeit Gottes, Sein unermessliches Erbarmen und Seine unendliche Liebe zu uns und stellt Ihn uns nur als strafenden Gott vor Augen. Sie löscht aus unserem Gedächtnis, dass unsere Leidenschaften mit der Gnade Gottes zu Tugenden gewandelt werden. Diese Gnade aber gewährt Gott einem jeden, der sich in Demut übt und aufrichtig umkehrt. Die Verzweiflung ist sogar eine Gotteslästerung, denn sie ist ein Zweifel an Seiner Liebe, Seiner Menschenfreundlichkeit und an Seinem Erbarmen. Außerdem ist die Verzweiflung auch Unglaube Seinem Versprechen gegenüber. Wenn die Reinigung der Seele von den Leidenschaften allein mit menschlichen Kräften möglich wäre, dann könnten wir uns aus gerechtem Grund der Verzweiflung hingeben. Aber im Gegenteil: Gott lässt uns alle die freie Wahl, er verlangt von uns nur die Entscheidung und den Versuch, stets unseren eigenen Willen an Seinem Willen auszurichten. Die Sünden des Menschen können ihn, nachdem er sie wahrhaft bereut hat, nicht von Gott trennen, wie der heilige Johannes Chrysostomus schreibt: „Wie ein Fünklein angesichts des weiten Meeres, so ist die Bosheit gegen die Menschenliebe Gottes, wohl aber nicht einmal so, sondern sogar noch viel kleiner. Denn auch das Meer, wie groß es sein mag, hat ein Maß, die Menschenliebe Gottes aber ist ohne Grenzen.“[37]

Der heilige Cyrill von Jerusalem schreibt zum gleichen Thema: „Gott ist menschenliebend und das nicht wenig. Denn wenn du sagst: ich habe Unzucht und Ehebruch begangen, ich habe ungeheure Taten vollbracht und das nicht nur einmal, sondern oft. Wir er also verzeihen? Wird er mir die Strafe erlassen? Höre, was der Psalmist sagt: Wie groß ist die Fülle Deiner Güte, Herr! Die Fülle deiner angehäuften Sünden wird nicht über die Barmherzigkeit Gottes siegen, deine Wunden werden die große ärztliche Erfahrung nicht besingen. Gib dich nur selbst mit deinem Glauben hin. Vertrau dem Arzt dein Leiden an, denn Er hat auch zu David gesagt: Ich sprach: Vor dem Herrn will ich mein Unrecht offenbaren; und dir wir Ähnliches widerfahren, wie es im Folgenden heißt: Und Du hast mir die Gottlosigkeit meines Herzens vergeben. […] Auch wenn das ganze Volk sündigt, wird das nicht über die Menschenliebe Gottes siegen.“[38]

Der heilige Gregor Palamas betonte, dass, wenn es auch nicht jedem Christen möglich ist, zu den Heiligen und den großen und wunderbaren Taten zu gelangen, die ihr Leben völlig unnachahmlich machen, dann kann und muss er ihnen wenigstens während seines Lebens in der Umkehr und Reue folgen und ihnen auf diese Weise gleichen. Denn auch wenn wir tagtäglich unfreiwillig an vielen Dingen schuldig werden, so bleibt doch für uns alle die einzige Hoffnung auf Rettung die neuerliche Ernüchterung und der Lebensweg, so der heilige Gregor, der beständigen Reue und Umkehr.[39] Auch wenn jemand nicht zur vollkommenen Reue gelangen kann, so muss er wenigstens den Anfang machen und sich erheben von der Stelle, wo er gefallen ist.[40]

Oft werden Umkehr und Reue begleitet von Fasten, Mildtätigkeit oder sogar vom Fernbleiben von der Göttlichen Eucharistie, was natürlich vom geistlichen Vater entschieden werden muss. Die Enthaltung von der heiligen Kommunion geschieht aus therapeutischen Gründen und zur Herausforderung der Umkehr. Wie auch der verlorene Sohn im Gleichnis, der sich dazu entschied, fern von seinem Vater zu leben, nicht mit ihm essen und trinken konnte, so kann auch der Gläubige, wenn er sich aufgrund seiner freien Entscheidung fern von Gott wiederfindet, nicht am heiligen Altar teilhaben und die heilige Kommunion empfangen, bis er, durch seine Reue und Umkehr, wieder zum Teilhaber wird.[41] Das Einhalten aller oben genannten Punkte erweist die wahrhafte Umkehr des reuigen Sünders. Es reicht nicht, wenn jemand dem Arzt seine Krankheit mitteilt, um geheilt zu werden, sondern er muss auch die geeignete Behandlung befolgen, damit die Heilung Wirkung zeigen kann. Das unbeugsame egoistische Denken und der Ungehorsam sind mit der wahren Reue und dem geistlichen Leben unverträglich.[42] Der heilige Ephräm der Syrer sagt diesbezüglich: „Wirf das Gewicht der Sünden auf dich. Bring das Gebet dar und vergieße die Tränen auf das faulige Glied. Dieser Arzt ist himmlisch. Eben weil er gütig ist, heilt er die Wunden mit Tränen und Zerknirschung. Nähere dich dem gütigen Arzt und bringe Tränen dar wie die beste Medizin. Denn so will es der himmlische Arzt, dass jeder mit seinen eigenen Tränen geheilt und gerettet werde.“[43]

Die Demut, die zur Umkehr führt, zieht nicht nur die Gnade Gottes an, sondern hält auch die Seele gesund. Die Festigung des Menschen in der Tugend ist eine Frucht der gottgemäßen Klage. Der Völkerapostel Paulus sagt uns: „Die Traurigkeit nach Gottes Willen wirkt zur Seligkeit eine Umkehr, die niemanden reut.“[44] Im Gegenteil dazu füllen Dünkel die Seele mit Komplexen und führen zu sündhaften Taten. Der heilige Porphyrios der Kafsokalyvit betonte diesbezüglich, dass der Mensch die krankhafte Religiosität meiden muss, nämlich sowohl das Gefühl der Superiorität, aufgrund seiner Tugenden besser als andere zu sein, aber auch das Gefühl der Niedrigkeit aufgrund seiner Sündhaftigkeit. „Eine Sache“, so der Heilige, „ist der Komplex, eine andere die Demut. Die Melancholie ist etwas anderes als Reue und Umkehr. Der wahrhaft Gläubige wird befreit von seiner Schuld durch die Beichte und die Vergebung und freut sich seiner Freiheit, die ihm Christus geschenkt hat, denn er weiß, dass er durch das Blut Christi reingewaschen wurde und nicht durch seine eigenen Leistungen.“ Der Heilige unterschrich ebenfalls, dass „das Christentum Freiheit ist und die Umkehr in vollkommener Freiheit geschehen muss“[45].

Der Mensch, der Reue und Umkehr wahrhaftig lebt, kehrt nicht wieder zu den Sünden zurück und hängt auch nicht vergänglichen Menschen und Dingen an, er gerät auch nicht in zweifelhafte Freuden, sondern verachtet die gegenwärtigen Dinge und erwartet die zukünftigen, er kämpft gegen die Leidenschaften und verfolgt die Tugenden, er wacht im Gebet, er ist nachsichtig, barmherzig und bereit zu helfen. Der heilige Gregor Palamas ermunterte die Gläubigen, Werke der Reue und Umkehr zu erlangen. In diese ordnet er die demütige Gesinnung ein, die Ergriffenheit und die Klage. Er rekapituliert alle Kennzeichen des in Reue und Umkehr lebenden Christen und zeichnet ihn als friedvollen, ruhigen, erbarmungsvollen Menschen, voller Mitgefühl gegenüber seinen Mitmenschen. Es verlangt ihn nach Gerechtigkeit, er sucht die Reinheit, hat den Frieden und bringt ihn auch, er erträgt geduldig die Leiden und was auch immer er für die Wahrheit und Gerechtigkeit zu ertragen hat.[46]

Der heilige Gregor Palamas hebt ebenfalls hervor, dass sich ohne die wahre Demut die Bereitschaft des Menschen leicht verändert und er zurückkehrt zu seinen sündhaften Taten. Er übertritt die Gebote Gottes und will sein sündiges Leben wieder zurück. Wenn er jedoch in der Demut bleibt, mit der er vom Herrn selbst begnadet wurde, dann bleibt er standhaft im geistlichen Leben, indem er die Gefahr, sich dort wiederzufinden, wo er begonnen hatte, verbannte.[47] Ein charakteristisches Merkmal des Menschen, der sich aufgrund seiner Sünden demütig zeigt, ist die Weigerung, auch nur den kleinsten Teil der Verantwortung für seine Sünden auf jemand anderen zu schieben. Es war auch eben diese Schuldzuschiebung von Adam und Eva nach der Nichtbefolgung des Gebotes Gottes, die sie der Reue und Umkehr beraubte.[48] Der Mensch wurde von Gott mit freiem Willen geschaffen und hat von Ihm, so der heilige Gregor Palamas, den „leitenden Teil der Seele als innerliche königliche Würde gegen die Leidenschaften empfangen“ und „kennt niemanden mehr, der ihn unterdrückt.“[49] Mit der Selbstanklage und dem gottgemäßen Kummer könnte er das, was er durch die Weigerung, die Schuld für seine Sünden auf sich zu nehmen, verloren hatte, wieder gewinnen. Der heilige Gregor gibt dafür eine besondere Erklärung der gottgemäßen Klage: „Dies nun ist die gottgemäße und rettende Traurigkeit, dass wir uns selbst verurteilen, aber niemanden von allen anderen, für das, was wir selbst begangen haben und dass wir in uns klagen und mit dem Bekenntnis unserer Sünden und der zerknirschten Reue das Erbarmen Gottes suchen.“[50]

Es ist betonenswert, dass einer der Fehler unserer Zeit die Gleichsetzung der Reue und Umkehr mit einem Besuch beim Psychologen ist. Die Umkehr ist ein Mysterium (Sakrament) der Kirche, während die Psychologie eine Wissenschaft ist. Das Hauptziel der Umkehr ist die Befreiung des Menschen von der Last der Sünden durch die Vergebung, seine Versöhnung mit Gott, seine Läuterung und Vorbereitung für das Königreich des Himmels. Der innere Friede, die psychische Ausgeglichenheit, oder die Freude sind nicht das letzte Ziel der Umkehr, sondern kommen als natürliche Folgen der Wiederaufnahme der Beziehung des Menschen mit Gott. Die Umkehr ist notwendig für alle, die das ewige Leben gewinnen wollen, unabhängig davon, ob sie auch psychisch krank sind oder nicht. Die Pychologie als Wissenschaft kommt, um in Fällen der Störung der Persönlichkeit aufgrund von Krankheiten zu helfen.

Mit der Reue und der Umkehr erlangt der Gläubige, mit der Gnade Gottes, Selbsterkenntnis und er vermag es, seine Leidenschaften und Schwächen aufzuspüren, die zu Gründen der Trennung von Gott werden. Mit der Hilfe des geistlichen Vaters steht der Gläubige sich selbst entschieden gegenüber, er anerkennt seine Krankheiten, ohne zu verzweifeln und ohne Rechtfertigungen. Der geistliche Vater ist kein Psychologe und soll diesen auch nicht ersetzen. Er ist ein Arzt, der die Seele und die Leidenschaften sehr gut kennt, ein demütiger Diener der Myterien Gottes. Er ist dazu aufgerufen, das Psychische vom Psychologischen zu unterscheiden, das geistliche vom mentalen, die echte empirische Erfahrung vom Gefühlten oder Krankhaften, die einfache Reue von der wahrhaften Umkehr, die Teilnahme am Mysterium von der vorübergehenden Notwendigkeit, die Befriedigung irgendeiner Furcht oder die schlichte Erfüllung unserer religiösen Verpflichtungen. Der geistliche Vater muss unterscheiden, ob der von Problemen geplagte Mensch, der zu Reue und Umkehr kommt, die Liebe Gottes kennt und die Gefahr der Sünde, oder ob er an einer kleinen oder größeren psychischen Krankheit leidet, sei sie vererbt oder nicht.[51]

Die Psychoanalyse und die Psychotherapie spüren zwar die Gründe von innerlichen Konflikte auf, können aber keine Vergebung der Sünden gewähren und auch nicht die Gnade Gottes in die Seele des Kranken leiten. Außerdem sind sie schlicht nicht in der Lage zu urteilen, ob eine Situation sündhaft ist oder nicht. Deshalb können sie auch nicht aufzeigen, wie man sich von den Leidenschaften befreien kann. Die Heilung der Leidenschaften geschieht durch die Intervention des Heiligen Geistes, mit der reinen und demütigen Umkehr, mit der „Medizin“ der Heiligen Kommunion und des Gebets, wobei stets der freie Wille des Menschen die grundlegende Voraussetzung bleibt und einen unablässigen geistlichen Kampf darstellt, um diese Vollkommenheit zu erreichen. Reue und Umkehr, die metanoia, versöhnen den Menschen mit seinem wahren Selbst und geben ihm Kraft, sie wandeln ihn, sodass er nicht mehr sich selbst zu gefallen sucht, sondern Gott.

Es reicht nicht, wie wir schon weiter oben angeführt haben, einfach nur die Entscheidung zu treffen, nicht mehr zu sündigen. Die Entscheidung muss begleitet werden von der Vermeidung aller Anlässe, die zur Sünde führen könnten, denn „der, der die Sünde nicht von weitem flieht, sondern sich in ihrer Nähe aufhält, wird in Furcht leben und oft in die Sünde geraten“[52]. Ein Helfer in der Umkehr ist auch das Gebet. „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung geratet!“[53] Das Gebet stärkt unseren Widerstand gegen die Versuchungen, sie vermehrt unsere Liebe zu Gott und trennt unser Sinnen und Trachten von den irdischen Dingen.

Der heilige Johannes Chrysostomus schreibt diesbezüglich: „Gott wartet nicht eine bestimmte Zeit ab nach der Umkehr. Du hast deine Sünde bekannt und wurdest gerechtfertigt. Du hast bereut und hast Erbarmen gefunden. Nicht die Zeit ist für die Rechtfertigung von Wichtigkeit, sondern die Art und Weise des sich Bekehrenden tilgt die Sünde. So kann es auch sein, dass für jemanden viel Zeit vergeht und er doch Rettung findet, während jemand, der wahrhaftig gebeichtet hat, schon nach kurzer Zeit sich wieder der Sünde zukehrt. […] Wenn du also Sünden begangen hast, so verzweifle dennoch nicht. Ich kann es nicht genug betonen: Auch wenn du jeden Tag sündigst, so bekehre dich jeden Tag neu. Wie wir auch, wenn wir in baufälligen Häusern wohnen, die defekten Teile ausbessern und diese durch neue austauschen; dies vergessen wir auch nie zu tun. So wollen wir es auch mit uns selbst machen. Wenn du heute alt und baufällig geworden bist, so erneuere dich selbst durch die metanoia.“[54]

Reue und Umkehr sind das größte und beständigste Geschenk Gottes an den gefallenen Menschen, um seine Rettung zu ermöglichen und dies nicht erst im kommenden, sondern schon hier im gegenwärtigen Leben.

 

[1] Anmerkung der deutschen Übersetzung: Der griechische Ausdruck „μετάνοια“ (metanoia) kann im Deutschen nur sehr unzureichend wiedergegeben werden. In seiner Grundbedeutung meint „μετανοέω“ ein innerliches „umdenken“, einen inneren Wandel, das jedoch nicht innerlich bleiben kann, sondern sich auch nach außen zeigt. Im Deutschen wird metanoia üblicherweise mit „Reue“, „Umkehr“ „Buße tun“ o.ä. übersetzt, was jedoch nur jeweils Aspekte des griechischen Wortes auszudrücken vermag. Um die Verständlichkeit des Textes nicht zu beeinträchtigen, wird im Folgenden metanoia mit den üblichen deutschen Übersetzungenvarianten wiedergegeben (oder auch unübersetzt gelassen), jedoch stets im Bewusstsein, dass metanoia einen tiefgreifenden und umfassenden inneren Wandel (ein „Umdenken“) impliziert und nicht zu trennen ist von Reue und Buße sowie schließlich einen Wandel des eigenen Lebens.

[2] Mt 4,17.

[3] Isaak der Syrer, Asketika, Logos 62, hg. v. M. Pirar, Berg Athos 2012, S. 735: „Was ist die metanoia? Das Vorherige hinter sich zu lassen und darüber zu klagen.“ Ders., Logos 36 (ebd., S. 547): „Nach der Gnade der heiligen Taufe wurde den Menschen die Gnade der metanoia geschenkt. Die metanoia ist die zweite geistige Wiedergeburt und aus der Gnade der metanoia empfangen wir eben jenes Unterpfand, das wir aus dem Glauben erhalten haben.“ Vgl. auch: „Die metanoia ist die Pforte des Erbarmens, die jenem geöffnet wird, der sie sucht. Durch die Pforte der metanoia gelangen wir zum göttlichen Erbarmen, und ohne diese Pforte finden wir kein Erbarmen. Denn alle, so sagt die heilige Schrift, haben wir gesündigt und wurden ohne Gegenleistung durch die Gnade Gottes gerechtfertigt. Die metanoia ist die zweite Gnade und wird im Herzen des Menschen aus dem Glauben und aus der Furcht geboren. Diese Furcht ist der väterliche Stab Gottes, mit der Er über uns herrscht, bis wir in das geistige Paradies der schönen Genüsse gelangen; wenn wir dorthin gelangen, dann lässt er uns dort und kehrt wieder zurück“ (Asketika, Logos 81, hg. v. Regopoulos 1997, S. 380).

[4] Johannes Sinaites, Klimax, gr. 5 (PG 88, 764B).

[5] Idiomelon der Vesper von Pfingsten.

[6] Jak 4,4.

[7] Johannes von Damaskus, Ep. de conf. 5; 7 (PG 95, 289A.292B).

[8] Gal 4,19.

[9] Archim. Sophronij, Starez Siluan, Essex 1985, 89-91 [griech.].

[10] Hl. Nikodemus vom Berg Athos, Exomologetarion, Athen 1988, S. 213 [griech.]

[11] Symeon der Neue Theologe, Kat. 23 (SC 113, 18).

[12] Johannes Chrysostomus, In ep. II ad Cor., hom. 22, 3 (PG 61, 551).

[13] Anastasios Sinaites, Quaest. 52 (PG 89, 613B).

[14] Isidor von Pelusium, Epist. II ep. 238 (PG 78, 676C).

[15] Johannes Chrysostomus, De poen., hom. 2, 1 (PG 49, 285).

[16] Jesaja der Anachoret, Wie man seinen Verstand halten soll, 17 (Philokalie Bd. 1), S. 33 [griech.].

[17] Symeon der Neue Theologe, Kat. 21 (SC 104, 360).

[18] Symeon Metaphrastes, Ethikoi Logoi, aus den Werken Basilius des Großen ausgewählt, Logos 8 über die metanoia, 8: „Höre nicht auf, dich selbst zu prüfen, ob du nicht irgendetwas sträfliches gesündigt hast, oder die Zunge dem Verstand nicht vorausgelaufen ist, ob du in der Hände Werke nicht etwas ungewolltes vollbracht hast“ (PG 32, 1232C)). Vgl. auch Johannes Chrysostomus, Ecloga de pecc. et conf., hom. 34 (PG 63, 742).

[19] Johannes Chrysostomus, In Ps. 50, 5: „Wenn du also immer eingedenk bist des Gewichts der Sünde, sei dir auch immer der Größe der Wohltaten (Gottes) bewusst. Ich habe dir vergeben, so spricht Er, aber vergiss nicht auf die Gnade und auch wenn ich sie vergesse, so gedenke du ihr allezeit“ (PG 55, 580).

[20] Johannes Sinaites, Klimax, gr. 7 (PG 88, 813D).

[21] Johannes Chrysostomus, De poen., hom. 7, 6: „Für die wahrhaft Umkehrenden ist es gutes Leid; die Sünder müssen über die Sünde klagen“ (PG 49, 332).

[22] Symeon der Neue Theologe, Cent. 3, 23 (SC 51, 86 f.). Ders., Kat. 28: „Niemals ward gehört worden, dass eine Seele ohne Tränen vom Schmutz der Sünde, die nach der Taufe begangen wurde, gereinigt worden sei“ (Werke Bd. 1, S. 379; griech.).

[23] Johannes Chryosostmus, De poen., hom. 2, 3 (PG 49, 287). Ders., De eleem., hom. 3, 4: „Es gibt noch einen anderen Weg der Umkehr, der nicht schwer ist, sondern sehr leicht. Welcher ist das? Weine über deiner Sünden […]“ (PG 49, 298).

[24] Maximus Confessor, Cent. 2, cap. 95: „Denn beide haben Kummer, sowohl der Tugendhafte durch den damit verbundenen Schmerz als auch der die Welt Liebende, aufgrund des Misslingens der materiellen Dinge. Der eine hat einen heilvollen Kummer, der andere einen verderblichen und schrecklichen. Beiden lässt der Herr die Schuld nach. Dem einen, der die Tugenden vollbringt, lässt er bei sich zur Ruhe kommen, dem anderen lässt er die mit den verderblichen Dingen verbundene Mühsal durch die metanoia nach“ (PG 90, 1172Α).

[25] Symeon der Neue Theologe, Hymnen 1, 88-93: „Keiner der an Dich glaubenden Menschen, Herr, keiner, der auf Deinen Namen getauft ist, vermag die Last der Trennung von Dir, Barmherziger, zu ertragen. Denn furchtbar ist der Kummer, unerträglich und ewig die Traurikgiet. Denn was könnte schlimmer sein als die Trennung von Dir, Heiland?“ (SC 156, 164).

[26] Anastasios Sinaites, Quaest. 105: „Die Klage wegen Gott ist ein Geschenk Gottes, vom Heiligen Geist dem Menschen als zweite Taufe gegeben“ (PG 89, 757C).

[27] Johannes Sinaites, Klimax, gr. 5, Komm. 24, (PG 88, 792A). Johannes Chrysostomus, In Ep. I ad Cor., hom. 38, 6: „Wenn du sündigst, nur dann sollst du zerknirscht sein, dann vergieße Tränen. Ich hindere dich nicht daran, sondern ermuntere dich dazu. Und dann ohne Übertreibung, denn wisse, dass es einen Rückweg und Versöhnung gibt“ (PG 61, 330).

[28] Auch die Väter, die die Klage stark betonen, wie der heilige Symeon der Neue Theologe, trennen sie nicht von der Freude und bewahren so die Lehre der Kirche über das freudvolle Leiden: „[…] und danach bewirkt er in uns eine reine metanoia und wandelt die bittren in süße Tränen und bringt neuerlich nie endende Freude in unseren Herzen hervor und gewährt uns das untergangslose Leuchten zu schauen“, so Symeon der neue Theologe, Katechese 4 (SC 96, 368.370).

[29] Nach Athanasius dem Großen „ist die Umkehr das Ende der Sünde“: Ep. ad Marc. de Ps. 10 (PG 27, 28Α).

[30] Hl.Gregor Palamas, hom. 3 (PG 151, 45D).

[31] Hl. Johannes Chrysostomus, In Joh., hom. 34, 3 (PG 59, 197).

[32] 2 Petr 2,22.

[33] Hl. Johannes von Damaskus, Expos. orth. fidei, 2, cap. 30: „Man muß wissen, daß die Tugend von Gott in die Natur gegeben wurde, daß er selbst Anfang und Ursache alles Guten ist, und daß wir ohne seine Mitwirkung und Hilfe unmöglich Gutes wollen oder tun können“ (PG 94, 972A-973A; deutsche Übersetzung: BKV 44, 108f.).

[34] Röm 9,22.

[35] 2 Tim 2,21.

[36] Altvater Paisios vom Berg Athos, Logoi, 2, Thessaloniki 2000, S. 353-356 [griech.].

[37] Hl. Johannes Chrysostomus, De poen., hom. 8 (PG 49, 337).

[38] Cyrill von Jerusalem, Cat. 2 de poen., 6.10 (PG 33, 389BC.393A)

[39] Gregor Palamas, hom. 28 (PG 151, 361C).

[40] Johannes der Faster, Sermo de poen., et contin. et virg.: „Aber du sagst: ‚Ich kann keine vollkommene metanoia vollbringen.‘ Wenn du nicht die Sonne werden kannst, werde wie ein Stern. Erhebe dich nur von der Erde. Beginne, mit den strahlenden Sternen wettzueifern. Es ist bessser, auch nur ein wenig Besserung zu zeigen, als kar keine“ (PG 88, 1956C).

[41]Symeon der Neue Theologe, Logoi ethikoi, 4, 280-287 (SC 129, 28).

[42] Vgl. Hebr 12,7-8.

[43] Hl. Ephräm der Syrer, Über die metanoia, hg. v. K. G. Phrantzolas, Die Werke des heiligen Ephräm des Syrers, Thessaloniki 1995, Bd. 1, S. 353 [griech.].

[44] 2 Kor 7,10.

[45] Altvater Porphyrios, Anthologion Symboulōn, Athen 2003, S. 76-84 [griech.].

[46] Gregor Palamas, hom. 31 (PG 151, 392D).

[47] Ders., De ment. quiet. (PG 150, 1085).

[48] Gen 3,12-13.

[49] Gregor Palamas, hom. 29 (PG 151, 369C).

[50] Ebd.

[51] Moses der Mönch, To Menyma tou Hagiou Orous (Die Botschaft des Berg Athos), Tinos 1988, S. 104f. [griech.].

[52] Hl. Johannes Chrysostomus, Logos 15 (PG 49, 156).

[53] Mt 26,41.

[54] Hl. Johannes Chrysostomus, De poen., hom. 7, 4 und hom. 8, 1 (PG 49, 328.337).

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