Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartolomaios I. 2017

Protokollnummer: 1123

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen 
+ B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Erbarmen und Friede
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser

 Im Herrn geliebte Brüder und Kinder,

durch Gottes Gnade wurden wir wiederum gewürdigt, das große Fest der leiblichen Geburt des göttlichen Wortes zu feiern. Es ist in die Welt gekommen, um uns das vollkommene Leben,[1] die Befreiung von Sünde, von der Versklavung durch die Werke des Gesetzes und vom Tod zu schenken; um uns das wahre Leben und jene große Freude zu schenken, „die niemand von uns nehmen kann“.[2]

Wir empfangen „den vollkommenen Gott“,[3] den „die Liebe der Erde gebracht hat“,[4] den der uns „näher ist als wir selbst“.[5] Das sich seiner Gottheit entäußernde Wort steigt zu seinem in die Irre gegangenen Geschöpf herab, indem es sich „unsagbar und unfassbar erniedrigt“.[6] Der, den kein Raum umfassen kann, geht ein in den Schoß der Jungfrau. Der Große wohnt im Kleinen. Dieses große Hauptstück unseres Glaubens, dass der überwesentliche Gott „auf übermenschliche Weise Mensch geworden ist“,[7] bleibt ein „nicht offenbartes“ Mysterium. „Das große Mysterium der göttlichen Menschwerdung bleibt für immer ein Mysterium.“[8] 

Dieses fremdartige und wunderbare Ereignis, „das seit ewigen Zeiten und Geschlechtern verborgene Mysterium“,[9] ist das Fundament der gnadenhaften Vergöttlichung des Menschen. „In keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen gerettet werden“.[10] Das ist die höchste Wahrheit zur Rettung des Menschen. Wir gehören zu Christus. Alles ist in Christus geeint. In Christus wird unsere der Verwesung preisgegebene Natur neu gebildet; wird die Ebenbildlichkeit wiederhergestellt und jedem Menschen der Weg zur Ähnlichkeit Gottes gebahnt. Weil das göttliche Wort die menschliche Natur angenommen hat, weil die göttliche Vorsehung und die Rettung allen gemeinsam ist, ist auch der Grund für die Einheit des Menschengeschlechts gelegt. Doch wird nicht allein die Menschheit, sondern die gesamte Schöpfung erlöst. Wie der Fall der Stammeltern die ganze Schöpfung mit sich ins Verderben reißt, so betrifft auch die Menschwerdung des Sohnes und Wortes Gottes die gesamte Schöpfung. „Die Schöpfung ist befreit und die ehedem Verfinsterten erscheinen als Söhne des Lichts.“[11] Der hl. Basilius fordert uns auf, Christi heilige Geburt als das „die ganze Schöpfung umfassende Fest“, und als „den Geburtstag der Menschheit zur Rettung der Welt“[12] zu feiern.

Das „Christus wird geboren“ ertönt leider wiederum in einer Welt, die von Gewalt, gefährlichen Spannungen, sozialer Ungleichheit und der Missachtung der grundlegenden allgemeinen Menschenrechte erfüllt ist. Im Jahr 2018 sind es 70 Jahre seit der weltweiten Proklamation der allgemeinen Menschenrechte. Nach der furchtbaren Erfahrung und den Katastrophen des Zweiten Weltkriegs hat diese Proklamation die grundlegenden hohen Ideale propagiert, die alle Völker und alle Staaten der Erde uneingeschränkt respektieren müssen. Allerdings setzt sich die Missachtung dieser Proklamation fort. Vielfältige Missbräuche und intendierte Missdeutungen der Menschenrechte unterminieren ihren Rang und ihre Realisierung. Weiterhin gilt, dass wir weder gegenwärtig noch zukünftig aus der Geschichte Lehren ziehen wollen. Weder die tragischen Erfahrungen von Gewalt, noch die Schändung der menschlichen Person, noch die Bekräftigung hoher Ideale konnten die Fortsetzung von Gewaltausübung und Kriegen, den Machthunger und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen verhindern. Aber natürlich konnten auch die Kraft technischer Mittel, die herausragenden Errungenschaften der Wissenschaft oder der wirtschaftliche Fortschritt die soziale Gerechtigkeit und den vielersehnten Frieden nicht herbeiführen. Im Gegenteil; in unserer Zeit wächst das Wohlstandsdenken der Besitzenden und zerstört die Globalisierung die Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des Friedens.

Die Kirche kann diese Bedrohungen der menschlichen Person unmöglich ignorieren. „Denn nichts ist in dem Maße heilig wie der Mensch, an dessen Natur Gott Anteil genommen hat.“[13] Wir kämpfen für den Menschen, für den Schutz der Freiheit und der Gerechtigkeit, im Wissen darum, „dass der wahre Friede von Gott kommt“[14] und dass das unbegreifliche Mysterium der Inkarnation des Wortes Gottes und der gnadenhaften Vergöttlichung des Menschen die Wahrheit über seine Freiheit und seine göttliche Bestimmung offenbart.

Wir leben in der Kirche die Freiheit; jene Freiheit, die Christus uns gibt; die Freiheit, die darin besteht, in Christus zu leben; die Freiheit, die uns zu Christus führt. Zum Kern dieser Freiheit gehört die Liebe, „die nicht das Ihre sucht“;[15] die Liebe, die „aus einem reinen Herzen entspringt“.[16] Während der selbstgesetzliche, der nach eigenem Gutdünken lebende und sich selbst genügende, der sich selbst vergöttlichende und sich selbst glücklich schätzende Mensch um sich selbst und seine individuelle selbstgefällige Glückseligkeit kreist und den Mitmenschen als Beschränkung seiner Freiheit betrachtet, richtet sich die Freiheit in Christus auf den Bruder, auf den Nächsten, und gibt der Wahrheit Zeugnis in der Liebe. Die Sorge des Gläubigen besteht nicht darin, seine Rechte einzufordern, sondern in Demut und Dankbarkeit „die Weisungen Christi zu erfüllen“.[17]

Diese Wahrheit des Lebens in Christus, der Gerechtigkeit als Liebe und der Liebe als Gerechtigkeit, ist der Grundstein und die Garantie für die Zukunft der Menschheit. Wenn wir uns auf dieses in Gott gegründete Ethos stützen, können wir die großen Herausforderungen der Gegenwart, die nicht nur das Leben in Fülle, sondern sogar das Überleben der Menschheit bedrohen, meistern. Die Wahrheit des „Gottmenschen“ als Antwort auf den zeitgenössischen „Menschen-Gott“ und als Nachweis seiner ewigen Vorherbestimmung hat auch das Heilige und Große Konzil der Orthodoxen Kirche (Kreta 2016) betont: „Die orthodoxe Kirche stellt dem zeitgenössischen „Menschen-Gott“ den „Gottmenschen“ als letztes Maß aller Dinge gegenüber: ‚Wir sagen nicht, der Mensch sei Gott, sondern Gott sei Mensch geworden‘.[18] Sie – die orthodoxe Kirche – offenbart die rettende Wahrheit des Gottmenschen und Seinen Leib, die Kirche, als Ort und Weise des Lebens in Freiheit, als das ‚Die-Wahrheit-in-Liebe-Bezeugen‘[19] und als schon auf Erden gewährte Teilhabe am Leben des auferstandenen Christus“.[20]

Die Inkarnation des Wortes Gottes ist die Vergewisserung und die Gewissheit, dass Christus selbst die Geschichte als Weg zum Reich Gottes am Ende der Zeiten führt. Natürlich war der Weg der Kirche zum Reich Gottes, der nicht fern und unabhängig von der geschichtlichen Realität, ihren Widersprüchen und Wandlungen verläuft, niemals ein Weg ohne Beschwernisse. Inmitten dieser bezeugt die Kirche die Wahrheit und vollzieht ihr Werk der Heiligung, der Seelsorge und der Verklärung der Welt. „Denn die Wahrheit ist ein Pfeiler und eine Grundfeste der Kirche … Die Kirche ist ein Pfeiler der bewohnten Welt … und sie ist ein Mysterium, das groß ist und ein Mysterium der Frömmigkeit“.[21]

Brüder und Kinder im Herrn,

lasst uns in von Jubel und Freude erfülltem Wohlgefallen an dem Wort Gottes, das unter uns Wohnung genommen hat, die Feste der heiligen zwölf Tage begehen. Wir erbitten Euch vom Phanar aus, der Fleisch gewordene und zum Menschengeschlecht herabgestiegene Herr und Erlöser schenke in dem neuen Jahr seiner Güte allen Gesundheit an Seele und Leib, Frieden und gegenseitige Liebe; er bewahre unversehrt seine heilige Kirche und segne die Werke ihres Dienstes, auf dass sie Seinen überheiligen und überaus gepriesenen Namen verherrliche.

Weihnachten 2017

+ Bartholomaios von Konstantinopel, euer aller inständiger Fürbitter bei Gott


[1] Gregor d. Theologe, 38. Rede (PG 36,313).

[2] Joh 10,18.

[3] Doxastikon der Aposticha der Großen Vesper von Christi Geburt.

[4] Nikolaos Kabasilas, Vom Leben in Christus, 6. Kap. (PG 150,657).

[5] A.a.O. (PG 150,660).

[6] Johannes von Damaskus, De Fide Orthodoxa 3,1 (PG 94,984).

[7] Maximos der Bekenner, Theologische und Heilsgeschichtliche Centurien, 1. Centurie 12 (PG 90,1184).

[8] A.a.O.

[9] Kol 1,26.

[10] Apg 4,12.

[11] Jambische Katavasien von Theophanie, 8. Ode.

[12] Basilius der Große, Rede über Christi Geburt (PG 31,1472-73).

[13] Nikolaos Kabasilas, s.o. (PG 150,649).

[14] Johannes Chrysostomos, Homilien zum Ersten Korintherbrief, 1. Homilie (PG 61,14).

[15] 1 Kor 13,5.

[16] 1 Tim 1,5.

[17] Theotokion der Aposticha der Ainoi vom 12. Oktober.

[18] Johannes von Damaskus, De Fide Orthodoxa 3,2 (PG 94,988).

[19] Vgl. Eph 4,15.

[20] Enzyklika des Heiligen und Großen Konzils der Orthodoxen Kirche, § 10.

[21] Johannes Chrysostomos, Homilien zum Ersten Timotheusbrief, 11. Homilie (PG 62,554).

Gemeinsame Botschaft von Papst Franziskus und dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung 2017

Der Schöpfungsbericht gewährt uns einen herrlichen Rundblick über die Welt. Die Heilige Schrift offenbart, dass Gott „im Anfang“ wollte, dass die Menschheit bei der Erhaltung und Bewahrung der natürlichen Umwelt mitarbeite. Zu Beginn, wie wir im Buch Genesis lesen, „gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine Feldpflanzen; denn Gott, der Herr, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen und es gab noch keinen Menschen, der den Erdboden bearbeitete“ (Gen 2,5). Die Erde wurde uns anvertraut als ein erhabenes Geschenk und Vermächtnis, für das wir alle gemeinsam Verantwortung tragen, bis „am Ende“ in Christus alles zusammengeführt wird, alles, was im Himmel und auf Erden ist (vgl. Eph 1,10). Unsere menschliche Würde und unser Wohlergehen sind tief mit unserer Sorge um die ganze Schöpfung verbunden.

In der „Zwischenzeit“ zeigt uns die Weltgeschichte jedoch ein ganz anderes Bild. Es offenbart ein Szenario im moralischen Verfall, in dem unsere Haltung und unser Benehmen gegenüber der Schöpfung unseren Ruf als Mitarbeiter Gottes verdunkeln. Unsere Neigung, das feine und ausgewogene Ökosystem zu stören, unsere unersättliche Lust, die begrenzten Ressourcen des Planeten zu manipulieren und zu kontrollieren, und unsere Gier nach grenzenlosem Gewinn an den Märkten – all das hat uns dem ursprünglichen Ziel der Schöpfung entfremdet. Wir achten die Natur nicht mehr als ein gemeinsames Geschenk; stattdessen betrachten wir sie als einen privaten Besitz. Wir verbinden uns nicht mit der Natur, um sie zu erhalten; stattdessen herrschen wir über sie, um unsere eigenen Konstrukte abzusichern.

Die Folgen dieser abweichenden Weltsicht sind tragisch und dauerhaft. Die menschliche Lebenswelt und die natürliche Umwelt verschlechtern sich gemeinsam und dieser Verfall des Planeten lastet auf seinen verwundbarsten Bewohnern. Die Auswirkung des Klimawandels betrifft vor allem jene, die in Armut im letzten Winkel dieser Welt leben. Unsere Verpflichtung, die Güter der Erde verantwortungsbewusst zu gebrauchen, beinhaltet die Anerkennung und die Achtung gegenüber allen Menschen und allen Lebewesen. Der dringende Aufruf und die Aufgabe, für die Schöpfung Sorge zu tragen, sind eine Einladung an alle Menschen, auf eine nachhaltige und ganzheitliche Entwicklung hinzuwirken.

Wir sind in derselben Sorge um die Schöpfung Gottes verbunden und bekennen, dass die Erde ein gemeinsames Gut ist. Daher laden wir eindringlich alle Menschen guten Willens ein, am 1. September eine Zeit dem Gebet für die Umwelt zu widmen. Bei dieser Gelegenheit wollen wir dem liebenden Schöpfer für das großherzige Geschenk der Schöpfung Dank sagen und ihm unseren Einsatz für ihren Schutz und ihre Bewahrung um der künftigen Generationen willen versprechen. Schließlich wissen wir, dass wir vergeblich arbeiten, wenn nicht der Herr uns zur Seite steht (vgl. Ps 127), wenn das Gebet nicht im Zentrum unserer Reflexion und Feier steht. Ein Ziel unseres Gebets ist nämlich, unsere Wahrnehmung der Welt zu verändern, um unsere Beziehung zur Welt zu erneuern. Das Ziel unseres Versprechens ist, uns mutig eine größere Einfachheit und Solidarität in unserem Leben zu eigen zu machen.

Wir richten einen dringenden Appell an die gesellschaftlichen und ökonomischen wie auch politischen und kulturellen Verantwortungsträger, den Schrei der Erde zu hören und sich um die Nöte der an den Rand Gedrängten zu kümmern. Ganz besonders sollen sie aber auf die Bitte von Millionen antworten und den Konsens der Welt zugunsten der Heilung unserer verwundeten Schöpfung unterstützen. Wir sind überzeugt, dass es keine echte und nachhaltige Lösung zur Veränderung der ökologischen Krise und des Klimawandels gibt, wenn wir keine übereinstimmende und gemeinsame Antwort geben, wenn wir nicht zusammen Verantwortung und Rechenschaft übernehmen, wenn wir nicht der Solidarität und dem Dienst den Vorzug geben.

Aus dem Vatikan und dem Phanar, am 1. September 2017

Papst Franziskus und der Ökumenische Patriarch Bartholomaios

Hirtenbrief von Seiner Allheiligkeit Patriarch Bartholomaios zum Tag der Bewahrung der Schöpfung 2017

Protokoll-Nr. 702 

+ Bartholomaios
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche
Gnade und Friede von dem Schöpfer der ganzen Schöpfung,
unserem Herrn, Gott und Erlöser Jesus Christus

Im Herrn geliebte Geschwister und Kinder,

Durch Gottes Gnade treten wir heute in ein neues Kirchenjahr ein und fahren fort, «durch den, der uns geliebt hat»[1] gemeinsam Zeugnis und Rechenschaft abzulegen von der «Hoffnung, die in uns ist»[2], da wir in der Kirche leben, in Christus und gemäß Christus, der uns verheissen hat, «alle Tage bis an der Welten Ende»[3] bei uns zu sein.

Es sind 28 Jahre Jahre vergangen seitdem das Ökumenische Patriarchat den Synodalbeschluss gefasst hat, dass der Tag des kirchlichen Neujahrs als «Tag der Schöpfung» gefeiert werden soll, an dem wir in diesem Zentrum der Orthodoxie Gebete und Fürbitten «für die gesamte Schöpfung» verrichten. Die entsprechende Patriarchal-Enzyklika rief damals die orthodoxe und die übrige chtistliche Welt dazu auf, dass an diesem Tage Dankgebete «für das große Geschenk der Schöpfung»[4], und Bittgebete für ihren Schutz an den Schöpfer aller Dinge gerichtet werden sollen.

Wir bringen die Freude und die Genugtuung unserer geringen Person für das Echo und den reichen Ertrag dieser Initiative der Kirche von Konstantinopel zum Ausdruck. Wir haben die spirituellen Wurzeln der ökologischen Krise und die Notwendigkeit der Umkehr und der Neuordnung der Werte des heutigen Menschen aufgezeigt. Es hat sich erwiesen, dass die Ausbeutung und die Zerstörung der Schöpfung eine Verfälschung und Veränderung zum Bösen des christlichen Ethos darstellt und keineswegs eine notwendige Folge des biblischen Auftrags «Wachset und mehret euch»[5], dass das umweltfeindliche Verhalten eine Beleidigung des Schöpfers und eine Missachtung seiner Gebote bedeutet und der wahren Bestimmung des Menschen widerspricht. Es kann keine nachhaltige Entwicklung zulasten der geistigen Werte und der Umwelt geben.

Die Große Kirche Christi, das Ökumenische Patriarchat, hat das umweltfreundliche Potential unseres orthodoxen Glaubens stets hervorgehoben und tut dies weiterhin. Sie empfiehlt den eucharistischen Gebrauch der Schöpfung, das Handeln des Gläubigen als eines «Priesters» der Schöpfung, der sie ohne Unterlass dem Schöpfer aller Dinge darbringt, und sie betont den unübertroffenen Wert des asketischen Geistes als Gegenmittel zum derzeit vorherrschenden Konsumstreben. Denn in der Tat gehört der respektvolle Umgang mit der Schöpfung zum Kern der orthodoxen Tradition.

Besonders beunruhigend ist die Tatsache dass, obwohl offensichtlich ist, dass die ökologische Krise ständig wächst, die Menschheit sich zugunsten des ökonomischen Wachstums und des technischen Fortschritts taub stellt, wenn es um den Ruf nach einer radikalen Veränderung unseres Handelns gegenüber der Schöpfung geht. Es ist offensichtlich, dass die fortschreitende Veränderung der Umwelt die Folge eines konkreten ökonomischen Fortschrittsdenkens ist, das keinerlei Rücksicht auf seine umweltfeindlichen Auswirkungen zeigt. Der kurzfristige Nutzen, der durch den Anstieg des Lebensstandards in bestimmten Gegenden der Welt erzielt wird, kaschiert die unvernünftige Ausbeutung und Schändung der Schöpfung. Eine ökonomische Aktivität, die das Haus des Lebens nicht respektiert, ist keine «Haushalterschaft», sondern eine «Hausspalterschaft». Die zügellose Ökonomisierung im Zuge der Globalisierung geht einher mit dem rapiden Fortschritt der Wissenschaft und der Technologie, die trotz vieler positiver Ergebnisse von einem Hochmut gegenüber der Natur geprägt ist und zu vielfältiger Ausbeutung derselben führt. Der heutige Mensch weiß, aber er handelt, als ob er nicht wisse. Er weiß, dass die Natur sich nicht ständig regeneriert, aber ist gleichzeitig indifferent gegenüber den negativen Folgen des «Technopols» für die Umwelt. Diese wirklich explosive Mischung aus zügelloser Ökonomisierung und grenzenlosem Vertrauen in die Fähigkeiten der Wissenschaften und der Technologie vergrößert die Gefahren für die Bewahrung der Schöpfung und den Menschen.

Das Heilige und Große Konzil der Orthodoxen Kirche hat eindeutig und klug die Gefahren der «Verselbständigung der Ökonomie» benannt, ihrer Loslösung also von den essentiellen Bedürfnissen der Menschen, die nur in einer lebensfähigen Umwelt befriedigt werden können und hat eine Ökonomie vorgeschlagen, «die auf den Prinzipien des Evangeliums gegründet ist»[6], sowie den Umgang mit der derzeitigen Umweltkrise «auf der Grundlage der Prinzipien der christlichen Tradition»[7]. Die Tradition der Kirche fordert angesichts der derzeitigen Bedrohungen einen «radikalen Wandel des Denkens und des Handelns» gegenüber der Schöpfung, eine asketische Einstellung der «Genügsamkeit und der Enthaltsamkeit»[8], angesichts der «Unersättlichkeit»[9], der «Vergöttlichung der Bedürfnisse und des Besitzergreifens»[10]. Das Heilige und Große Konzil hat sich auch dezidiert zu den «sozialen Dimensionen und den tragischen Konsequenzen der Zerstörung der natürlichen Umwelt»[11] geäußert.

Wir folgen den Beschlüssen dieses Konzils und unterstreichen im vorliegenden Hirtenbrief den engen Zusammenhang zwischen den Umwelt- und den sozialen Problemen und ihren gemeinsamen Ursprung im «törichten Herzen» des Menschen, der fern von Gott ist, im Sündenfall und in der Sünde, im Missbrauch der gottgegebenen Freiheit des Menschen. Der Zerstörung der Natur und der Gesellschaft geht stets eine innere «Umwälzung der Werte» voraus, eine spirituelle und moralische Zerstörung. Wenn das Haben unser Denken und unser Herz beherrscht, wird unsere Einstellung zum Mitmenschen wie auch zur Schöpfung unausweichlich besitzergreifend und unangemessen sein. Der «schlechte Baum» bringt, nach den Worten der Heiligen Schrift, stets «schlechte Früchte» hervor. [12]

Wir heben dementsprechend hervor, dass der Respekt vor der Schöpfung und vor dem Menschen den gleichen geistlichen Ursprung und Ausgangspunkt haben, nämlich die Erneuerung des Menschen in Christus und seine gnadenhafte Freiheit. Eben so wie die Zerstörung der Umwelt und das gesellschaftliche Unrecht Hand in Hand gehen, so sind auch das umweltfreundliche Verhalten und die soziale Solidarität nicht voneinander zu trennen.

Es versteht sich von selbst, dass es einer multilateralen Aktivierung und gemeinsamer Anstrengung bedarf, um die derzeitige vielfältige Krise des Menschen, der Kultur und seiner Umwelt anzugehen. Wie es bei allen großen Problemen der Fall ist, können die schwelenden und miteinander zusammenhängenden Krisen der Umwelt und der Gesellschaft nicht ohne die Zusammenarbeit der Kirchen und der Religionen bewältigt werden. Der Dialog stellt hier den angemessenen Raum dar, um bereits bestehende umweltfreundliche und soziale Traditionen zu präsentieren, um zur ökologischen und gesellschaftlichen Sensibilisierung beizutragen und um konstruktive Kritik am exklusiven technischen und wirtschaftlichen Fortschritt und an den eigennützigen und gesellschaftlich relevanten Modellen zu formulieren, die der Schöpfung und der Kultur der Personen entgegenstehen.

Abschließend heben wir noch einmal hervor, dass der Respekt vor der Schöpfung nicht von dem vor der menschlichen Person zu trennen ist und rufen alle Menschen guten Willens zum guten Kampf für die Bewahrung der Umwelt auf und das Vorherrschen der Solidarität auf; wir beten zum Herrn, dem „Geber alles Guten“, er möge auf die Bitten der allzeit gepriesenen Gottesmutter, der Pammakaristos, seinen Kindern «das Herz, das für die gesamte Schöpfung brennt»[13] und den Ansporn «zu Liebe und zu guten Taten »[14] schenken.

 

1. September 2017

 Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel,
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

 


[1] Röm 8,38

[2] vgl. 1 Petr 3,15

[3] Mt 28,20

[4] Enzyklika zum kirchlichen Neujahr, 1/9/1989

[5]  Gen 1,22

[6] Enzyklika §15

[7] ebd. §15

[8] Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt, §10

[9] ebd., §10

[10] Enzyklika, §14

[11] ebd.

[12] Mt 7,17

[13] Isaak der Syrer, Asketische Rede 81

[14] Hebr 10,24

Hirtenwort Seiner Allheiligkeit des Ökumenischen Patriarchen Bartolomaios, Erzbischofs von Konstantinopel, zur Heiligen und Großen Fastenzeit 2017

Prot. Nr. 118

Hirtenwort zu Beginn der Heiligen und Großen Fastenzeit

Bartholomaios,

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch allem Volk der Kirche Gnade und Friede
von unserem Erlöser, dem Herrn Jesus Christus,
von uns jedoch Fürbitte, Segen und Vergebung

 

Brüder und im Herrn gesegnete Kinder,
durch die Gnade und die Menschenliebe Gottes treten wir ab morgen in die Heilige und Große vierzigtägige vorösterliche Fastenzeit ein, der für die Hinwendung der menschlichen Seele, unserer eigenen Seele, zu Gott geeignetste Zeitraum.
Diese Zeit ist ein durchgängiges Sich-Besinnen angesichts des sich Tag für Tag entfaltenden Mysteriums Gottes, des Mysteriums der Errettung des Menschen. Deshalb haben alle Fastenzeiten des Kirchenjahres für uns ein besonderes Merkmal: Die Wachsamkeit und Nüchternheit der Seele, die während dieser Zeit voll göttlicher Ermahnungen und Heiligkeit besonders dazu aufgerufen ist, die vergänglichen und sichtbaren Dinge zu erkennen und allmählich zu den größeren und bedeutenderen, den unsichtbaren Dingen zu schreiten.
Ganz deutlich und ausdrücklich spricht der hl. Andreas von Kreta zu sich selbst und zu jeder betrübten und unter den Versuchungen und Verwicklungen dieses Lebens leidenden Seele. Der Heilige spürt die Last der von der Sünde verletzten Seele und ruft voller Pein: «Meine Seele, meine Seele, steh auf, was schläfst du?». Dieser Aufschrei führt zur Erkenntnis der Eitelkeit aller Dinge und zur unbeschreiblichen Angst vor dem Ende des irdischen Lebens: «Es naht das Ende und dann wirst du wehklagen». Vor dem unerwarteten Ende des Lebens, das «wie ein Dieb in der Nacht» kommt, ruft der Erleuchter Kretas (der heilige Andreas) sich selbst und jeder leidenden und von der Angst der Unsicherheit erfüllten Seele zu: «Sei also wachsam, dass Christus sich deiner erbarme, der an allen Orten zugegen ist und alles erfüllt.»
Die orthodoxe Lehre und Stimme der Kirchenväter ruft uns im vor uns liegenden Zeitraum auf, sich bewusst zu werden «wer wir sind, wo wir stehen und wohin wir gehen», was also unser Ziel ist. Wir sollen die Eitelkeit des vergänglichen Lebens erkennen und bereuen, was wir «wissentlich und unwissentlich, in Worten, in Taten und Handlungen und allen (unseren) Gefühlen» getan haben, was nicht dem Evangelium und dem Gnadengesetz Christi entsprach, und wachsam werden. Nur dann werden wir Erbarmen und Gnade finden und der Herr, der uns auf Herz und Nieren prüft und alles Verborgene und die Gedanken der Menschen kennt, wird sich unser erbarmen und unsere ungerechten Gedanken nicht anrechnen, die zu eitlen und unnützen Taten führen.
Der vor uns liegende Kampf besteht in der Nüchternheit und im Wachsamwerden, in unserer Reue und Umkehr. Durch die Reue, d.h. durch die Selbsterkenntnis unseres Zustands und durch die Beichte wird unser Leben gekrönt durch «die Vergebung der Sünden, durch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, durch die Fülle des Himmelreichs». Das Wachsamwerden ist gleichzusetzen mit dem Gewissen des Reue zeigenden Menschen (vgl. 2 Kor 1,12 und Röm 2,15). Das Gewissen ist ein Geschenk Gottes.
Geschwister und Kinder im Herrn,
als orthodoxe Christen sind wir berufen, die Heilige und Große Fastenzeit als Zeit der Nüchternheit und des Wachsamwerdens unseres Gewissens zu erleben, als einen Moment der Ewigkeit unserer orthodoxen Identität. Wir sind also dazu aufgerufen, mit Christus zu leben. Wir sind dazu aufgerufen, kirchlich und spirituell zu leben. Denn nur im Leben in Christus kann unser Gewissen wachsam werden und können wir zur wirklichen Freiheit und zu den wahren Voraussetzungen unserer Ruhe und Erlösung gelangen.
Am Beginn dieser gesegneten Zeit besuchen der Ökumenische Patriarch und die Mutterkirche, die Heilige Große Kirche Christi, jede orthodoxe Christenseele, die mühselig und beladen oder ungetröstet ist wegen der Herausforderungen und Lüste und Genüsse des Fleisches und dieser Welt; gemeinsam gehen sie und beten zu Dem, «Der kommt, um geschlachtet und den Gläubigen zur Speise gegeben zu werden, dem König der Könige, dem Herrscher der Herrschenden»: Würdige, Herr, alle orthodoxen Gläubigen, diese heilige und dem geistlichen Wettlauf gewidmete Zeit in Frieden und mit zerknirschtem Herzen zu durchschreiten, «begnade und stärke uns, damit wir standhaft den Lauf vollenden, den großen Tag Deiner Auferstehung erreichen und Dich in Freude und mit dem Siegeskranz geschmückt unaufhörlich loben» (vgl. Stichiron des Theodor Studites zum Dienstag der 2. Fastenwoche).
Wir segnen euch, die geliebten und treuen Kinder der Mutter Kirche, väterlich und sind mit euch im Gebet und in der Fürbitte vereint; wir rufen auf euch alle die Kraft des ehrwürdigen und lebensspendenden Kreuzes und die Gebete unserer Herrin und Gottesgebärerin, der heiligen Engel und aller Heiligen herab, damit wir alle unserer Berufung als orthodoxe Christen würdig wandeln und auf diese Weise den Genuss und die Herrlichkeit der Auferstehung des Herrn erfahren mögen. Ihm gebührt die Herrschaft und der Dank und die Ehre und die Kraft und die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Heilige und Große Fastenzeit 2017

+ Bartholomaios, Erzbischof von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

Osterbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios 2016

Protokoll-Nr. 450

Osterbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios,

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,

und Ökumenischer Patriarch

allem Volk der Kirche Gnade, Friede und Erbarmen

von Christus, dem in Herrlichkeit auferstandenen Erlöser

Geliebte Brüder und Kinder im Herrn,

von ganzem Herzen richten wir an Euch von diesem Sitz des Ökumenischen Patriarchates aus den Freudengruß „Christus ist auferstanden!“. Die Auferstehung Christi ist der Mittelpunkt unseres orthodoxen Glaubens. Ohne die Auferstehung ist unser Glaube „leer“ (1 Kor 15,14). Gott, der Logos, hat durch seine Auferstehung dem Menschen, der zwar nach Gottes Bild erschaffen, aber von der Sünde verwundet und entstellt war, Unsterblichkeit und Gemeinschaft mit Gott sowie die Möglichkeit geschenkt, die Ähnlichkeit Gottes, welche ihm der Ungehorsam geraubt hatte, wieder zu erlangen.

Doch was bedeutet das Osterfest, der Sieg des Lebens über den Tod, in einer Welt der Gewalt und der Kriege, noch dazu, wenn diese im Namen der Religion und Gottes selbst geführt werden?

Viele weise Menschen haben sich bemüht, eine Lösung für das Problem des Todes zu finden und es durch verschiedene Theorien zu überwinden. Wir orthodoxe Christen feiern die Auferstehung Christi von den Toten und verkünden kühn die Vernichtung des Todes. Wir wissen, dass Gottes Wort, „in dem das Leben ist“ (Jo 1,4), das Leben schenkt. Wir haben die froh machende Erfahrung der Kirche, dass der Tod durch Christi Auferstehung besiegt worden ist. „Alles ist von Freude erfüllt – da es die Auferstehung erfahren hat.“ Dieser Glaube lässt alle Aspekte des kirchlichen Lebens erstrahlen. Doch er verdichtet sich in der heiligen Eucharistie. Die Tatsache, dass innerhalb der christlichen Welt vor allem die orthodoxe Kirche die heilige Eucharistie als Mitte ihres Lebens und ihrer Spiritualität bewahrt hat, hängt unmittelbar damit zusammen, dass die Auferstehung im Zentrum ihres Glaubens, ihres Gottesdienstes und ihres Kirche-Seins steht. Aus diesem Grund ist die Eucharistiefeier stets feierlich und von Freude erfüllt und in ganz besonderer Weise mit dem Sonntag, dem „Herrntag“, dem Tag der Auferstehung des Herrn also, verbunden.

Der bewegendste Ausdruck, die bewegendste Deutung des Geschehens der Auferstehung und ihrer erneuernden Kraft ist das Bild des Abstiegs unseres Herrn Jesus Christus in den Hades, wie man es hier in der Kirche des Chora-Klosters bestaunen kann. Der Herr steigt in das Reich des Todes hinab und zertrümmert seine Pforten. Er steigt siegreich empor und lässt mit sich Adam und Eva auferstehen, d. h. die gesamte Menschheit vom Anfang bis zum Ende der Zeiten. „Jetzt ist alles mit Licht erfüllt, Himmel, Erde und Unterwelt.“ Die Schöpfung geht über aus dem finsteren Reich des Todes in das abendlose Licht des Reiches Gottes. Der Gläubige, welcher der Auferstehung teilhaft geworden ist, ist aufgerufen, das Evangelium von der in Christus gewonnenen Freiheit „bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8) zu verkünden.

Die Mutterkirche, die das Mysterium des Kreuzes und der Auferstehung gleichzeitig erlebt, lädt uns heute ein, „Leuchten tragend zu kommen“ und „Gottes erlösendes Pascha gemeinsam zu feiern“.

Denn durch die Auferstehung des Erlösers ist die Menschheit ein einziges Volk geworden, sind wir zu einem Leib vereinigt worden. Durch sein Kreuz und seine Auferstehung hat Christus die Feindschaft unter uns endgültig getilgt. So ist unsere orthodoxe Kirche, die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die Kirche der Versöhnung aller, die Kirche der Liebe zu allen, Freunden und Feinden. Versöhnt, mit dem neuen, dem wahren Leben erfüllt, werden wir zu Mitbürgern der Heiligen und zu Freunden Gottes (vgl. Eph 2,15-20).

Unglücklicherweise gibt es auch heute Terror, Kriege und Morde. Die Klage und die Qual der Opfer, die uns durch die modernen Medien in kürzester Zeit erreichen, beherrschen die Welt und zerreißen unser Herz. Darum haben die Verantwortlichen in den Bereichen von Politik, Kultur und Kirche die Pflicht, aus Liebe alles zu tun, was geeignet ist, solche abnormen Verhältnisse zu beenden.

Wir orthodoxen Christen sind aufgerufen, inmitten der heutigen Welt, einer „Welt des Irrsinns“, das gute Zeugnis der Liebe und der Hingabe an den Mitmenschen zu geben – zu lieben und nichts sonst.

Ostern bedeutet für orthodoxe Gläubige nicht einen Moment vorübergehender Abkehr von der traurigen Wirklichkeit des Bösen in der Welt, sondern die unerschütterliche Gewissheit, dass Christus, der im Tod den Tod zertreten hat und von den Toten auferstanden ist, „alle Tage bis zur Vollendung der Welt“ (Mt 28,20) bei uns ist.

Das ist, Kinder und Brüder, auch in diesem Jahr die österliche Botschaft des heiligen Apostolischen und Patriarchalen Ökumenischen Throns, des ehrwürdigen Zentrums der Orthodoxie, an alle unsere Mitmenschen: Christus ist auferstanden, und die Macht des Todes ist gebrochen, die Macht der Gewalt des Starken über den Schwachen. Und nur „das Leben herrscht“ und die Wärme der Liebe, das unermessliche Erbarmen und die unerschöpfliche Gnade des auferstandenen Christus, welche die ganze Welt vom einen bis zum anderen Ende behütet. Es reicht aus, dass wir Menschen verstehen, dass Jesus Christus das wahre Licht ist, dass in ihm das Leben ist und dass das Leben das Licht der Menschen ist! (vgl. Jo 1,3-4) Das ist unsere Botschaft an alle politisch und geistig Verantwortlichen dieser Welt.

Kommt also und empfangt Licht von dem abendlosen Licht des Phanars, welches als Licht Christi, als Licht der Liebe, allen leuchtet. Und in Ihm „gibt es keine Finsternis“ (vgl. 1 Jo 1,5). Lasst uns, Brüder und Kinder, dieses Evangelium der Freude und der Liebe vernehmen, und lasst uns mit unserer Liebe und unserem Opfer den Schmerz der gegenwärtigen Menschheit lindern!

Ehre sei dem Spender des Lebens, der der Welt und jedem Menschen persönlich das Licht, die Liebe und den Frieden gezeigt hat. Ehre sei dem König der Herrlichkeit, Jesus Christus, dem Sieger über den Tod, dem Herrn des Lebens!

    

Phanar, Ostern 2016

+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel

Euer aller inständiger Fürbitter bei Christus, dem Auferstandenen

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen 2016

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen
+   B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Erbarmen und Friede
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser

 

 „Christi Menschwerdung ist meine Neuschöpfung.“
(Gregor d. Theologe, Moralia 34)

 

Im Herrn geliebte Brüder und Kinder,

wir besingen und verherrlichen den Einen Gott in der Dreiheit, dass er uns auch in diesem Jahr gewürdigt hat, zur Feier des großen Festes der Geburt des Sohnes und Wortes Gottes des Vaters, die dem Fleisch nach „im kleinen Bethlehem“ stattfand, zu gelangen.

Es feiert von Freude erfüllt die heilige Kirche; denn in seiner Fleischwerdung hat Christus von ihr „Fleisch angenommen“ (Johannes Chrysostomus, Rede vor der Verbannung PG 52,429) und sie auf diese Weise zu einem „Kosmos im Kosmos“ (Origenes, Johanneskommentar) gemacht. Nicht nur das ganze Menschengeschlecht jubelt heute über den Segen Gottes, sondern auch „die ganze Schöpfung.“ „Heute wird alles von Freude erfüllt, weil Christus von der Jungfrau geboren wurde“ (Orthros von Christi Geburt).

Im Gegensatz zu dem „ersten Unbewegten“ der Antike ist unser Gott als solcher eine Gemeinschaft der Liebe und kommt aus Liebe zum Menschen und zur Welt. „Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat.“ (1 Jo 4,10)

Das vorewige Wort des Vaters, das dem Menschen das „Sein“ gegeben hat, schenkt ihm durch seine Menschwerdung das „Wohl-Sein“. „Das bedeutet unser Fest, das wir heute feiern: Gott ist zu den Menschen gekommen, damit wir zu Gott auswandern bzw. heimkehren können …, damit wir, die wir den alten Menschen abgelegt haben, uns mit dem neuen bekleiden und so, wie wir in Adam gestorben sind, in Christus leben werden, mit Christus geboren, gekreuzigt, begraben und auferstanden.“ (Gregor d. Theologe, Oratio 38) Jedem Menschen, der zur Welt kommt, steht der Weg zur gnadenhaften Vergöttlichung offen. Wir alle sind „fähig, Gott zu empfangen“. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ (Gal 3,28)

Leider wird das Evangelium von Weihnachten wiederum in einer Welt verkündet, die vom Lärm der Waffen widerhallt, in der grundlos Gewalt gegen Einzelne und Völker geübt wird, in der Ungleichheit und gesellschaftliche Ungerechtigkeit herrschen. Unerträglich ist die Situation unzähliger Kinder, die Opfer kriegerischer Zusammenstöße, von Ausnahmezuständen, von vielfältiger Ausbeutung, Verfolgung und Diskriminierung, von Hunger, Durst und qualvollen Entbehrungen geworden sind.

Im vergangenen April hatten wir zusammen mit Seiner Heiligkeit Papst Franziskus und Seiner Seligkeit Erzbischof Hieronymos von Athen und ganz Griechenland die  Gelegenheit, uns auf Lesbos mit eigenen Augen vom Schicksal der Flüchtlinge und Migranten und insbesondere von den akuten Problemen der leidenden Kinder, dieser unschuldigen und wehrlosen Opfer kriegerischer Gewalt, rassistisch und religiös motivierter Diskriminierungen und der Ungerechtigkeit – von den Leiden dieser Kinder, deren Zahl beständig wächst, zu überzeugen.

Das Fest des um unseretwillen ein Kind gewordenen göttlichen Wortes, des Kindes Christus, das zu beseitigen die weltliche Gewalt anstrebte, wie uns der Evangelist Matthäus (2,13) berichtet, ist eine Erinnerung und ein Appell, für die Kinder Sorge zu tragen, diese schutzlosen Opfer zu beschützen und die Heiligkeit der Kindheit zu respektieren.

Kinder und ihre verletzlichen Seelen sind gewiss auch in den Ländern der wirtschaftlich entwickelten und politisch stabileren Welt von vielfältigen Beeinträchtigungen sowie von der Ausübung körperlicher und seelischer Gewalt bedroht. Die kindliche Seele wird durch den zerstörerischen Einfluss elektronischer Medien, insbesondere des Fernsehens und des Internets, auf ihr Leben und durch die grundlegende Veränderung ihres gesellschaftlichen Umfelds in Mitleidenschaft gezogen. Der ausufernde Konsum macht sie früh zu Konsumenten, und das Wohlstandsdenken lässt die kindliche Unschuld in kürzester Zeit verschwinden.

Angesichts dieser Gefahren betont das Heilige und Große Konzil der orthodoxen Kirche, das sich „mit besonderer Liebe und Sorge“ an die Kinder und Jugend wendet, in seiner Enzyklika: „Mitten in diesem Chaos einander widersprechender Bestimmungen dessen, was die Essenz der Kindheit sei, beruft sich unsere heilige Kirche auf das Wort des Herrn: ‚Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen‘ (Mt 18,3-4) und ‚Wer das Reich Gottes nicht aufnimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen‘ (Lk 18,17) sowie auf alles, was unser Erlöser von denen sagt, die die Kinder ‚daran hindern‘ (vgl. Lk 18,16), zu Ihm zu kommen, und von denen, die ihnen ‚Ärgernisse bereiten‘ (vgl. Mt 18,6).“ (Enzyklika, Abschnitt 8)

Das Mysterium von Weihnachten fasst das Kontakion des Festes in dem Wort zusammen: „Denn für uns ward geboren als kleines Kind der Gott vor den Zeiten.“ Das Wort Gottes als Kind und das Kind als Gott zeigt sich den Menschen „reinen Herzens“ und mit der Einfachheit eines Kindes. Die Kinder verstehen Wahrheiten, welche „die Weisen und Verständigen“ nicht begreifen können. „Nur aus Kindern erschafft man ein Jerusalem“, bemerkt der Dichter Elytis in seinem Werk „Aus der Nähe“.

Brüder und Kinder im Herrn,

wir ermahnen Euch alle, das Wesen und die Heiligkeit der Kindheit zur respektieren. Angesichts der weltweiten Flüchtlingskrise, die vor allem die Rechte der Kinder verletzt, angesichts der nicht hinzunehmenden Kindersterblichkeit, des Hungers, der Kinderarbeit, der körperlichen Misshandlungen und der seelischen Gewalt, aber auch wegen der Gefährdung der kindlichen Seele durch den Einfluss elektronischer Kommunikationsmedien und den Konsumterror rufen wir das Jahr 2017 zum Jahr des Schutzes der Heiligkeit der Kindheit aus und fordern alle auf, die Rechte und die Integrität der Kinder anzuerkennen und zu respektieren.

Wie die Kirche Christi es in einem anderen bedeutenden Text des Heiligen Großen Konzils ausdrückt, zielt sie mit ihrer Verkündigung „nicht primär darauf, diese zu richten oder zu verurteilen (vgl. Joh 3,17 und 12,47), sondern um ihr das Evangelium vom Reich Gottes als Leitfaden darzubieten, sowie die Hoffnung und die Zusicherung, dass das Böse in welcher Form auch immer, nicht das letzte Wort in der Geschichte hat und ihren Lauf nicht  bestimmen darf.“ (Der Auftrag der Orthodoxen Kirche..., Einleitung)

Wir verehren in Demut und Andacht unseren Erlöser, der uns aus der Höhe besucht hat, und besingen in göttlichen Hymnen die Größe der göttlichen Heilstaten für uns; wir beugen die Knie vor der das Kind in ihren Armen haltenden allheiligen Gottesgebärerin und rufen von dem stets wachenden Phanar aus allen Kindern der Kirche von Konstantinopel, seien sie fern oder nah, den Festgruß „Christus wird geboren, verherrlicht Ihn; Christus kommt vom Himmel, eilt Ihm entgegen!“ zu und senden allen unsere väterlichen Wünsche und unseren patriarchalen Segen.

„Stark in der Gnade, die in Christus Jesus ist“ (vgl. 2 Tim 2,1) lasst uns alle in Einmütigkeit, in Glauben und ungeheuchelter Liebe den guten Kampf des neuen Lebens in der Kirche kämpfen und bewahren, was uns Christus aufgetragen hat, Er, der „alle Tage bis zu der Welt Ende“ (Mt 28,20) bei uns ist. 

Weihnachten 2016

+ Bartholomaios von Konstantinopel,
euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

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