Osterbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios 2025

Protokoll-Nr. 251

 

Osterbotschaft des Ökumenischen Patriarchen

+ Bartholomaios,

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,

und Ökumenischer Patriarch

allem Volk der Kirche Gnade, Friede und Erbarmen

von Christus, dem in Herrlichkeit auferstandenen Erlöser

Verehrte Brüder im Bischofsamt und im Herrn geliebte Kinder,

nachdem wir durch Gottes Erbarmen und Kraft das Meer der heiligen Großen Fastenzeit in Gebet und Fasten durchfahren haben und jetzt zum strahlenden Osterfest gelangt sind, preisen wir den Herrn der Herrlichkeit, der bis zu den Kammern des Hades herabgestiegen ist und uns allen durch Seine Auferstehung von den Toten „den Zutritt zum Paradies ermöglicht hat“.

Die Auferstehung ist keine Erinnerung an ein Ereignis der Vergangenheit, sondern der „gute Wandel“ unseres Daseins, „eine andere Geburt, ein anderes Leben, eine andere Lebensweise, die Verwandlung unserer Natur selbst.“[1] Im auferstandenen Christus wandelt sich mit dem Menschen zugleich die ganze Schöpfung. Wenn wir die dritte Ode des Osterkanons „Nun ist alles mit Licht erfüllt, Himmel und Erde und Unterwelt. Alle Schöpfung feiere Christi Erwachen, in dem sie gegründet ist“ singen, verkünden wir damit, dass der ganze Kosmos im abendlosen Licht gegründet und von diesem Licht erfüllt ist. Nicht nur für die Geschichte der Menschheit, sondern für die gesamte Schöpfung gilt die Unterscheidung zwischen „vor Christus“ und „nach Christus“.

Die Auferstehung des Herrn bildet den Kern des Evangeliums, den unumstößlichen Bezugspunkt aller Texte des Neuen Testamentes, aber auch des liturgischen Lebens und der Frömmigkeit der orthodoxen Christen. Tatsächlich ist in dem Bekenntnis „Christus ist auferstanden!“ die ganze Theologie der Kirche zusammengefasst. Die Erfahrung, dass die Macht des Todes vernichtet wurde, ist die Quelle unaussprechlicher, „von jeder Beschränkung dieser Welt befreiten“ Freude. „Alles ist durch die Erfahrung der Auferstehung von Freude erfüllt“. Als Ausbruch „großer Freude“ durchdringt die Auferstehung das ganze kirchliche Leben, das Ethos und das pastorale Wirken, als Vorgeschmack der Fülle des Lebens, der Erkenntnis und der Freude des ewigen Reiches des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Orthodoxer Glaube und Verzweiflung sind nicht miteinander vereinbar.

Das Osterfest ist für den Menschen ein Fest der Freiheit und ein Sieg über die feindlichen Kräfte; es bedeutet die Kirchwerdung unseres Daseins und die Einladung, an der Umgestaltung der Schöpfung mitzuwirken. Die Geschichte der Kirche ist „ein großes Ostern (Pas’cha)“, der Weg „zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.“[2] Die Auferstehung zu erfahren, offenbart uns das Herz und die eschatologische Dimension der von Christus geschenkten Freiheit. Die biblischen Zeugnisse von der Auferweckung des Erlösers offenbaren die Kraft der Freiheit der Gläubigen, in der allein das „große Wunder“, das jedem Zwang unzugänglich bleibt, sichtbar wird. „Denn das Geheimnis der Erlösung gehört denen, die es wählen, und nicht denen, die mit Gewalt dazu gezwungen werden.“[3] Die Annahme der Gabe Gottes als ein „Übergang“ der Gläubigen zu Christus ist die freie existenzielle Antwort auf den liebenden und erlösenden „Übergang“ des Auferstandenen zum Menschen. „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“[4]

Das Mysterium der Auferstehung des Herrn erschüttert auch heute noch die positivistischen Gewissheiten der Gottesleugner als „Leugner der menschlichen Freiheit“, die Verteidiger „der Lüge von der Selbstverwirklichung ohne Gott“ und die Bewunderer des zeitgenössischen „Menschengottes“. Die Zukunft gehört nicht dem Rückzug in eine selbstgefällige, isolationistische und exklusive Diesseitigkeit. Es gibt keine wahre Freiheit ohne Auferstehung, ohne die Perspektive der Ewigkeit.

Eine Quelle österlicher Freude ist für die Heilige Große Kirche Christi in diesem Jahr auch die gemeinsame Feier des Osterfestes in der gesamten christlichen Welt, die zusammenfällt mit dem 1700-jährigen Jubiläum des ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa, das die Irrlehre des Arius, „der die eine Person der Trinität, den Sohn und Logos Gottes herabsetzte“, verurteilt und auch die Art und Weise der Berechnung des Osterfestdatums festgelegt hat.

Das Konzil von Nizäa eröffnet eine neue Periode in der konziliaren Geschichte der Kirche, den Übergang von einer lokalen zu einer universalen Synodalität. Wie bekannt hat das erste Ökumenische Konzil den in der Heiligen Schrift nicht enthaltenen Begriff „homousios/wesensgleich“ in das Glaubensbekenntnis eingeführt. Und dies geschah mit einer eindeutigen soteriologischen Absicht, die von da an zum Wesensmerkmal der kirchlichen Dogmen wird. In diesem Sinn sind die Feierlichkeiten aus Anlass dieses großen Jubiläums keine Hinwendung zur Vergangenheit. Denn der „Geist von Nizäa“ gehört unverbrüchlich zum Leben der Kirche, deren Einheit vom rechten Verständnis und der Entfaltung ihrer synodalen Identität abhängt. Die Rede vom ersten Ökumenischen Konzil erinnert uns an die gemeinsamen christlichen Grundlagen und die Bedeutung des Kampfes gegen die Entstellungen unseres unverfälschten Glaubens und hält uns dazu an, uns der Tiefe und dem Wesen der Überlieferung der Kirche zuzuwenden. Die gemeinsame Feier dieses „heiligsten Osterfestes“ in diesem Jahr verweist auf die Aktualität eines Problems, dessen Lösung nicht nur den Respekt der Christenheit vor den Beschlüssen des Konzils von Nizäa, sondern auch das Bewusstsein zum Ausdruck bringt, „nicht ziemt es sich, dass bei einer so heiligen Feier eine Verschiedenheit herrsche.“

Mit diesen von dem Licht und der Freude der Auferstehung erfüllten Empfindungen und dem Ruf „Christus ist auferstanden!“, welcher die Welt mit Freude erfüllt, lasst uns den großen und heiligen Ostertag durch das Bekenntnis unseres Glaubens an den Erlöser, der im Tod den Tod zertreten und der ganzen Schöpfung das Leben geschenkt hat, durch die Treue zu den ehrwürdigen Traditionen der Großen Kirche und durch die ungeheuchelte Liebe zum Nächsten ehren, auf dass durch uns alle der überhimmlische Name des Herrn der Herrlichkeit verherrlicht werde!

Phanar, Ostern 2025

+ Bartholomaios von Konstantinopel

Euer aller inständiger Fürbitter bei Christus, dem Auferstandenen

___________________

Es soll in den Kirchen während der Osterliturgie nach dem Evangelium vorgelesen werden.

 

[1] Gregor von Nyssa, Rede auf das heilige Osterfest und die dreitägige Feier der Auferstehung Christi, PG 46, 604. 

[2] Röm 8,21.

[3] Maximus d. Bekenner, Kommentar über das Vaterunser, PG 90, 880.

[4] Jo 15,5.

Hirtenbrief zum Beginn der heiligen großen vierzigtägigen österlichen Fastenzeit 2025

Protokoll-Nr. 145

+ Bartholomaios

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,

und Ökumenischer Patriarch

dem ganzen Volk der Kirche

Gnade und Friede von Christus, unserem Erlöser,

von uns aber Fürsprache, Segen und Vergebung

Ehrwürdige Mitbrüder im Bischofsamt, im Herrn gesegnete Kinder!

Durch das Wohlwollen und die Gnade unseres gütigen Gottes treten wir erneut in die Heilige und Große Fastenzeit ein, die gesegnete Zeit des Fastens und der Umkehr, der geistigen Wachsamkeit und des gemeinsamen Weges mit dem Herrn,der zu seinem freiwilligen Leiden schreitet, um zu seiner glorreichen Auferstehung zu gelangen, sie zu verehren und durch sie unseres eigenen „Übergangs“ von den irdischen Dingen zu jenen gewürdigt, die „kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist“ (1 Kor 2,9).

In der Alten Kirche war die Heilige und Große Fastenzeit eine Zeit der Vorbereitung der Taufbewerber auf die Taufe, die während der Göttlichen Liturgie der Auferstehung gefeiert wurde. Der Bezug zur Taufe bleibt auch in der Betrachtung und Erfahrung der Großen Fastenzeit als einer Zeit der Umkehr schlechthin erhalten, die als „Tauferinnerung“ und als „zweite Taufe“, als „Bund mit Gott für ein neues Leben“, d. h. als Wiederbelebung der Taufgaben und als Versprechen an Gott, einen neuen Lebensweg zu beginnen, bezeichnet wird. Die Gottesdienste und die Hymnen dieser Zeit verbinden diesen geistlichen Kampf der Gläubigen mit der Erwartung des Osterfestes des Herrn, wobei die vierzigtägige Fastenzeit den himmlischen Duft der Osterfreude verströmt.

Die Heilige und Große Fastenzeit ist eine Gelegenheit, die Tiefe und den Reichtum unseres Glaubens als „persönlicher Begegnung mit Christus“ zu erkennen. Man hat zu Recht gesagt, dass das Christsein „in höchstem Maße persönlich“ ist, ohne dass dies bedeutet, dass „das Individuum im Mittelpunkt steht“. Die Gläubigen „begegnen, erkennen und lieben den einen und einzigen Christus“, der „zuerst und allein ... den wahren und vollkommenen Menschen gezeigt hat“ (Nikolaos Kabasilas). Er ruft alle Menschen zum Heil, und zwar jeden Menschen persönlich, so dass die Antwort eines jeden, die immer „im gemeinsamen Glauben wurzelt“, „zugleich einzigartig“ ist.

Wir erinnern uns an die wunderbaren Worte des Apostels Paulus: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Hier werden „in mir“, „mich“ und „für mich“ nicht als Gegensatz zu „in uns“, „uns“ und „für uns“ verstanden, was das „gemeinsame Heil“ betrifft. Der Apostel der Freiheit, der für die himmlischen Segnungen seiner Wiedergeburt in Christus überaus dankbar ist, „macht sich das Gemeinsame zu eigen“, als ob das vorewige Wort Gottes „für ihn persönlich“ Fleisch geworden, gekreuzigt worden und von den Toten auferstanden wäre.

„Einzigartig“ und „zutiefst persönlich“ ist die Erfahrung unseres Glaubens als eine von Christus geschenkte Freiheit, die zugleich „in ihrem Wesen kirchlich“ ist, eine Erfahrung der „gemeinsamen Freiheit“. Diese durch und durch wahre Freiheit in Christus drückt sich in der Liebe und im praktischen Beistand für den einzelnen Nächsten aus, wie er im Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ (Lk 10,30-37) und im Abschnitt über das Jüngste Gericht (Mt 25,31-46) beschrieben wird, aber auch in der Achtung und Sorge für die Schöpfung und ihren eucharistischen Gebrauch. Die Freiheit in Christus hat einen persönlichen und ganzheitlichen Charakter, der sich besonders in der Heiligen und Großen Fastenzeit in der Art und Weise zeigt, wie wir Askese und Fasten verstehen. Die christliche Freiheit kennt in ihrer existentiellen Authentizität und Vollständigkeit nicht eine düstere Askese, nicht ein Leben ohne Gnade und Freude, „als wäre Christus nie zu uns gekommen“. Und Fasten bedeutet nicht nur „Verzicht auf Nahrung“, sondern „Abkehr von den Sünden“, ein Kampf gegen die Selbstsucht, ein liebevolles Hinausgehen aus uns selbst zu unseren Geschwistern in der Not, ein „Brennen des Herzens für die ganze Schöpfung“. Der ganzheitliche Charakter der Spiritualität wird verstärkt durch die Erfahrung der Fastenzeit als eines Weges hin zum Osterfest und als Vorgeschmack auf die „Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8,21).

Wir beten zu unserem Erlöser Jesus Christus, er möge uns alle würdig halten, den Weg der Heiligen und Großen Fastenzeit in Askese, Reue, Vergebung, Gebet und göttlicher Freiheit zu gehen, und schließen mit den Worten unseres geistlichen Vaters, des Metropoliten Meliton von Chalcedon ewigen Gedenkens, die er während der Göttlichen Liturgie am Sonntag der Vergebung im Jahr 1970 in der Metropolitankirche von Athen sprach: „Wir treten in die Heilige Fastenzeit ein und an ihrem Ziel erwarten uns die Vision, das Wunder und die Erfahrung der Auferstehung, welche die Erfahrung der Orthodoxen Kirche schlechthin ist. Lasst uns dieser Vision und Erfahrung entgegengehen, nicht ohne um Vergebung zu bitten und ohne selbst Vergebung zu gewähren, nicht nur im Verzicht auf Fleisch und Öl, nicht in Heuchelei, sondern in göttlicher Freiheit, in Geist und Wahrheit, im Geist der Wahrheit, in der Wahrheit des Geistes.“

Heilige und Große Fastenzeit 2025

+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel

Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus 2024

Protokollnummer: 870

Weihnachtsbotschaft des Ökumenischen Patriarchen

+ B A R T H O L O M A I O S
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch
allem Volk der Kirche Gnade, Erbarmen und Friede
von Christus, unserem in Bethlehem geborenen Erlöser

 

Ehrwürdige Mitbrüder im Bischofsamt und im Herrn geliebte Kinder,

Nach göttlichem Wohlgefallen sind wir auch in diesem Jahr wieder zu dem festlichen Tag der Geburt des Wortes Gottes im Fleisch gelangt – des Wortes Gottes, das auf die Erde gekommen ist und „aus unsagbarer Menschenliebe“ unter uns gelebt hat. Lasst uns in Psalmen und Hymnen und unaussprechlicher Freude das große Mysterium der Menschwerdung feiern – das Mysterium, das „unter allem Neuen das Neueste, das einzig Neue unter der Sonne“ (Johannes von Damaskus, Vom orthodoxen Glauben, PG 94, 984) ist und durch das dem Menschen der Weg zur gnadenhaften Vergöttlichung eröffnet und die ganze Schöpfung erneuert wird. Weihnachten ist kein Fest der Sentimentalitäten, die „schnell kommen und noch schneller vergehen“. Weihnachten ist die existenzielle Teilhabe am ganzen Geschehen des göttlichen Heilswirkens. Der Evangelist Matthäus bezeugt (Mt 1,18-2,23), dass die weltlichen Führer das göttliche Kind von Anfang an beseitigen wollten. Doch für die Gläubigen erklingt zugleich mit dem Gesang des Festes der Fleischwerdung des Sohnes und Logos Gottes, des Vaters, „Christus wird geboren …“ ebenso wie beim Trauergeläut zur Passion Christi stets auch das „Christus ist auferstanden …“, die Frohbotschaft des Sieges über den Tod und der Erwartung der gemeinsamen Auferstehung.

Das „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden!“ ertönt wiederum in einer Welt, die von Brutalität, sozialer Ungerechtigkeit und Schändung der Menschenwürde erfüllt ist. Der rasante Fortschritt der Wissenschaft und der Technologie erreicht nicht die Tiefen der menschlichen Seele, da der Mensch immer mehr ist als das, was die Wissenschaft erfassen kann und der Fortschritt der Technologie anstrebt. Die Wissenschaft kann die Kluft zwischen Himmel und Erde im Dasein des Menschen nicht überbrücken.

Heute ist die Rede vom „übermächtigen Metamenschen“, und man preist die künstliche Intelligenz. Natürlich ist der Traum vom „Übermenschen“ nichts Neues. Die Idee vom „Metamenschen“ stützt sich auf den technologischen Fortschritt und die Ausstattung dieses „neuen“ Menschen mit - in der menschlichen Erfahrung und Geschichte erstmalig vorhandenen - Mitteln, die es erlauben, das bis heute geltende Maß des Menschen zu sprengen. Die Kirche ist nicht technikfeindlich. Sie begrüßt die wissenschaftliche Erkenntnis als eine „dem Menschen von Gott gegebene Gabe“, ohne die Gefahren der Verabsolutierung der Wissenschaft zu verkennen oder zu verschweigen. Die Enzyklika des Heiligen Großen Konzils der Orthodoxen Kirche (Kreta 2016) hebt den Beitrag des Christentums „zu einer positiven Entwicklung der Zivilisation“ hervor, denn „Gott hat den Menschen eingesetzt als Hüter der göttlichen Schöpfung und als seinen Mitarbeiter in der Welt.“ Und weiter heißt es ausdrücklich: „Die Orthodoxe Kirche stellt gegen den heutigen „Menschen-Gott“ den „Gott-Menschen“ als das letztgültige Maß aller Dinge. „Wir sprechen nicht von einem Menschen, der Gott wurde, sondern von Gott, der Mensch geworden ist“ (Johannes von Damaskus, Vom orthodoxen Glauben, PG 94, 988)“.

Die Antwort auf die entscheidende Frage, wie bis zum letzten, bis zum „achten Tag“, die „Kultur der Person“, der Respekt vor ihrer Heiligkeit und der Aufweis ihrer Schönheit trotz des Titanentums und des prometheushaften Denkens der technologischen Zivilisation, ihrer Folgeentwicklungen und Dekadenz inmitten einer menschengotthaften Gesinnung des Meta- oder Übermenschen bewahrt werden können, ist ein für alle Mal im Mysterium der Menschwerdung Gottes gegeben worden. Gott, das Wort, ist Fleisch geworden, „die Wahrheit ist gekommen“ und „der Schatten ist vergangen“. Für immer wird das In-der-Wahrheit-Sein des Menschen mit seiner Beziehung zu Gott verbunden sein: als Antwort auf den Abstieg Gottes zu uns und als Erwartung des kommenden Herrn der Herrlichkeit und der Begegnung mit Ihm. Diese lebendige Hoffnung unterstützt den Kampf des Menschen, die Widersprüche und Herausforderungen seines irdischen Lebens zu bewältigen, eines Lebens „vom Brot“ (Mt 4,4), im Sinn des Überlebens in gesellschaftlicher und kultureller Entfaltung. Doch nichts in unserem Leben kann gelingen ohne Bezug zu Gott im Horizont der Fülle des Lebens, der Fülle der Gnade und der Fülle der Erkenntnis „Seines Reiches“. (Alexander Schmemann)

Weihnachten ist eine Gelegenheit, sich das Mysterium der Freiheit Gottes und das große Wunder der Freiheit des Menschen bewusst zu machen. Christus pocht an die Tür der Menschenherzen, doch nur der durch die Gabe der Freiheit geehrte Mensch selbst kann sie öffnen. „Ganz gewiss, ohne Ihn, ohne Christus“, schreibt Vater George Florovsky seligen Angedenkens, „kann der Mensch nichts tun. Und doch gibt es etwas, was allein der Mensch tun kann: dem Ruf Gottes zu folgen und Christus zu ‚empfangen‘“. (George Florovsky)

Für das „Ja“ auf den Ruf, der von oben kommt, offenbart sich Christus als „das wahre Licht“ (Joh 1,9), als „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6), als die Antwort auf die letzten Fragestellungen des Geistes, auf die Sehnsucht des Herzens, auf die Hoffnungen des Menschen, aber auch auf die Frage nach dem Woher und Wozu der Schöpfung. Wir gehören Christus. In Ihm ist alles vereint. Christus ist „das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“. (Offb 22,13) In Seiner freiwilligen Fleischwerdung „für uns Menschen und um unseres Heiles willen“ hat Gottes Wort „nicht in einem einzigen Menschen Wohnung genommen, sondern Seine Hypostase mit der Menschennatur bekleidet“ (Nikolaos Kabasilas) und auf diese Weise die gemeinsame ewige Vorbestimmung und die Einheit der Menschheit grundgelegt. Er befreit nicht ein Volk, sondern das ganze Menschengeschlecht. Er durchtrennt nicht nur die Geschichte zu unserem Heil, sondern erneuert die ganze Schöpfung. Nicht nur für die Geschichte, sondern auch für das All gilt endgültig und definitiv das „vor Christus“ und das „nach Christus“. Auf ihrem ganzen Weg in der Welt, in der Geschichte und durch sie zu den Letzten Dingen, zum abendlosen Tag des himmlischen Reiches des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes bezeugt die „nicht aus der Welt stammende“ Kirche die Wahrheit, indem sie ihr heiligendes und geistliches Wirken „für das Leben der Welt“ ausübt.

Brüder und Kinder im Herrn,

indem wir gottergeben unsere Knie beugen vor der das Kind in ihren Armen haltenden Gottesmutter und in Demut den „Logos“ anbeten, der „im Anfang“ war und gleichwohl unsere Gestalt angenommen hat, wünschen wir Euch allen eine gesegnete Zeit der heiligen Zwölf Tage und ein an Licht, Gesundheit, Frieden reiches, an guten Werken fruchtbares und von geistlicher Freude und göttlichen Gaben erfülltes neues Jahr der Güte des Herrn.

 

Weihnachten 2024

 

+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel,
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott

 

Hirtenbrief Seiner Allheiligkeit zum Gebetstag für die Bewahrung der Schöpfung 2024

Protokoll-Nr. 481

+ Bartholomaios
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche
Gnade und Friede von dem Schöpfer der ganzen Schöpfung,
unserem Herrn, Gott und Erlöser Jesus Christus

* * *

Verehrte Brüder im Bischofsamt, im Herrn geliebte Kinder,
Dreißig Jahre sind vergangen, seit die heilige Synode des Ökumenischen Patriarchats den 1. September, das Fest der Indiktion und des Beginns des Kirchenjahres, als Tag des Gebetes für den Schutz der natürlichen Umwelt bestimmt hat. Diese gesegnete Initiative hat ein breites Echo gefunden und reichlich Frucht getragen. Die vielfältigen ökologischen Aktivitäten der Heiligen Großen Kirche Christi konzentrieren sich heute auf das Phänomen des Klimawandels bzw. der Klimakrise, das inzwischen zu einem „Notstand planetarischen Ausmaßes“ geworden ist.
Wir schätzen den Beitrag der ökologischen Bewegungen, die internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Umwelt, die Auseinandersetzung der Wissenschaftler mit dem Thema, den Wert der ökologischen Erziehung, die ökologische Sensibilität und die Mobilisierung zahlloser Personen, insbesondere von Vertretern der jungen Generation. Dennoch bestehen wir darauf, dass es einer wirklichen „kopernikanischen Wende“ bedarf, eines grundlegenden weltweiten Mentalitätswechsels, einer substantiellen Revision des Verhältnisses des Menschen zur Natur. Sonst werden wir weiterhin nur die katastrophalen Folgen der ökologischen Krise behandeln, während die Wurzeln des Problems unangetastet und virulent bleiben.
Die Umweltkrise ist nur eine Facette der umfassenden Krise der modernen Zivilisation. In diesem Sinn kann das Problem nicht auf der Basis der Prinzipien dieser Zivilisation gelöst werden, d. h. auf der Grundlage der Logik, die eben diese Zivilisation hervorgebracht hat. Wir haben schon oft und immer wieder unsere Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass die Kirchen und die Religionen einen bedeutenden Beitrag zu dem für die Zukunft der Menschheit und des Planeten entscheidenden geistlichen und die Werte betreffenden Wandel leisten können. Der genuine religiöse Glaube beseitigt die Überheblichkeit und den Titanismus des Menschen. Er ist ein Schutzwall gegen seine Mutation zum „gottgewordenen Menschen“, der Maße, Grenzen und Werte aufhebt; der sich selbst zum „Maß aller Dinge“ ernennt; der den Mitmenschen und die Natur für die Erfüllung seiner unersättlichen Bedürfnisse und seiner willkürlichen Ziele instrumentalisiert.
Die Erfahrung von Jahrhunderten lehrt, dass die Menschheit ohne einen „archimedischen“ Punkt geistlicher und die Werte betreffender Natur den Gefahren eines nihilistischen „Humanismus“ nicht entrinnen kann. Das ist das Vermächtnis des klassischen Geistes, wie er von Platon durch das Prinzip, nach welchem „der Gott für uns das Maß aller Dinge sein dürfte“ (Die Gesetze 716 C) zum Ausdruck gebracht wurde. Das Konzept des Menschen und seiner Verantwortung innerhalb seiner Beziehung zu Gott ist in der Lehre von der Erschaffung des Menschen nach „Gottes Bild und Gleichnis“ wie auch in der von der Annahme der menschlichen Natur durch das um des Heiles des Menschen und der Erneuerung der ganzen Schöpfung willen Fleisch gewordene vorewige Wort Gottes enthalten. Der christliche Glaube erkennt den höchsten Wert ebenso im Menschen wie in der Schöpfung. In diesem Sinn sind der Respekt vor der Heiligkeit der menschlichen Person und der Schutz der Unversehrtheit der „sehr guten“ Schöpfung untrennbar miteinander verbunden. Der Glaube an den Gott der Weisheit und der Liebe inspiriert und stärkt die schöpferischen Kräfte des Menschen. Er verleiht ihm Kraft angesichts der Herausforderungen und der Schwierigkeiten; das auch dann, wenn deren Überwindung nach menschlichen Maßstäben unerreichbar zu sein scheint.
Wir haben gekämpft und wir setzen uns weiter ein für die innerorthodoxe und innerchristliche Zusammenarbeit zum Schutz des Menschen und der Schöpfung und für die Einbeziehung dieser Thematik in den interreligiösen Dialog und die gemeinsamen Aktionen der Religionen. Wir betonen besonders, dass die gegenwärtige ökologische Krise in erster Linie und am meisten die ärmsten Bewohner der Erde trifft. In dem Dokument des Ökumenischen Patriarchats, das den Titel „Für das Leben der Welt – Soziallehre der Orthodoxen Kirche“ trägt, unterstreichen wir ausdrücklich diesen Aspekt und die notwendige Sorge der Kirche angesichts der Folgen des Klimawandels:
„Wir müssen verstehen, dass der Dienst am Nächsten und die Bewahrung der natürlichen Umwelt eng und untrennbar miteinander verbunden sind. Es besteht eine enge und unauflösliche Verbindung zwischen unserer Sorge für die Schöpfung und unserem Dienst am Leib Christi sowie zwischen den wirtschaftlichen Bedingungen der Armen und den ökologischen Bedingungen des Planeten. Nach Aussagen der Wissenschaftler werden diejenigen, die durch die gegenwärtige ökologische Krise am meisten geschädigt sind, auch weiterhin diejenigen sein, die am wenigsten haben. Die Frage des Klimawandels ist also auch eine Frage des sozialen Wohlergehens und der sozialen Gerechtigkeit.“ (§ 76)
Schließlich wünschen wir Euch, ehrwürdige Brüder und geliebte Kinder, dass das neue Kirchenjahr von göttlichen Segnungen erfüllt und fruchtbar sei, und rufen auf Euch - auf die Fürsprache der allheiligen Gottesgebärerin der Pammakaristos-Ikone - die Leben schenkende Gnade und das unermessliche Erbarmen des Schöpfers aller, des Gottes der Wunder, herab.

1. September 2024
+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter

Osterbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios 2024

Protokoll-Nr. 244

Osterbotschaft des Ökumenischen Patriarchen

+ Bartholomaios,

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,

und Ökumenischer Patriarch

allem Volk der Kirche Gnade, Friede und Erbarmen

von Christus, dem in Herrlichkeit auferstandenen Erlöser

Ehrwürdige Brüder im Bischofsamt, geliebte Kinder,

durch das Wohlgefallen und die Gnade Gottes haben wir die Rennbahn der hl. Großen Fastenzeit durchlaufen und in Ergriffenheit die Woche der Leiden des Herrn begangen. Nun erfreuen wir uns der leuchtenden Feier Seiner Auferstehung, durch die wir von der Tyrannei des Todes befreit worden sind.

Die ruhmreiche Auferweckung Jesu Christi ist zugleich die Mitauferstehung des gesamten Menschengeschlechts und der Vorgeschmack der endzeitlichen Vollendung und der Erfüllung des göttlichen Heilswerks im Reich der Himmel. In der Kirche haben wir Anteil am unsagbaren Mysterium der Auferstehung, weil wir durch ihre heiligen Sakramente geheiligt werden und das Pascha, „das uns die Pforten des Paradieses geöffnet hat“, erfahren – nicht als Erinnerung an ein vergangenes Ereignis, sondern als Quintessenz des kirchlichen Lebens, als ständige Gegenwart Christi unter uns, eine Gegenwart, die uns näher ist als wir selbst es uns sind. Ostern entdecken die orthodoxen Gläubigen, dass ihr wahres Selbst in Christus ist. Ostern treten sie ein in den Strom, der alle Dinge zum Es’chaton, zum Weltende, bringt – und das in „unaussprechlicher und herrlicher Freude“ (1 Petrus 1,8), als „Söhne des Lichtes … und Söhne des Tages“ (1 Thess 5,5).

Zentrales Merkmal des orthodoxen Lebens ist sein österlicher Pulsschlag. Absurderweise bezeichnete ein Philosoph die orthodoxe Spiritualität als „finster“ und „herbstlich“. Treffend lobt dagegen der Westen das differenzierte Gespür der Orthodoxie für die Bedeutung und die existentielle Tiefe der Auferstehungserfahrung, allerdings ohne dass dieser Glaube vergäße, dass der Weg der Auferstehung über das Kreuz führt. Die orthodoxe Spiritualität kennt weder den Utopismus einer Auferstehung ohne das Kreuz, noch die Verzweiflung des Kreuzes ohne die Auferstehung. Aus diesem Grund hat in der orthodoxen Erfahrung das Böse in der Geschichte nicht das letzte Wort, während der Glaube an die Auferstehung den Antrieb für den Kampf gegen das Vorhandensein des Bösen in der Welt und dessen Folgen bildet. Der Glaube an die Auferstehung wirkt als starke Kraft der Umwandlung. Im orthodoxen Selbstverständnis gibt es keinen Raum für eine Kapitulation vor dem Bösen oder für Gleichgültigkeit gegenüber der Entwicklung der menschlichen Angelegenheiten. Vielmehr hat der Beitrag zum Wandel der Geschichte eine theologische Grundlage und eine existentielle Grundlage und entfaltet sich, ohne dass er Gefahr liefe, die Kirche mit der Welt zu identifizieren. Der orthodoxe Gläubige ist sich des Widerspruchs zwischen der innerweltlichen Realität und der eschatologischen Vollendung bewusst und kann angesichts einer Verneinungshaltung nicht passiv bleiben. Aus diesem Grund hat die orthodoxe Kirche den Kampf für die Umgestaltung der Welt niemals kleingeredet. Der Glaube an die Auferstehung Christi hat die Kirche vor Selbstbezogenheit und Isolation ebenso bewahrt wie vor Säkularisierung.

Im Pas’cha der orthodoxen Christen kulminieren das ganze Heilsmysterium und der existentielle Reichtum unseres Glaubens. Das „Außer-sich-Geraten“ der Frauen am Grab, als sie „in das Grab gingen und einen Jüngling erblickten …, der mit einem weißen Gewand bekleidet war“ (Mk 16,5), charakterisiert die Größe und das Wesen der Erfahrung des Glaubens als eine existentielle Erfahrung der Erschütterung.

Das „Außer-sich-Geraten“ zeigt an, dass der Mensch sich vor einem Mysterium befindet, dass sich umso mehr vertieft, je mehr er sich ihm naht – gemäß dem Wort, nach welchem der Glaube „kein Weg ist, der vom Mysterium zur Erkenntnis führte, sondern einer, der von der Erkenntnis zum Mysterium führt“.

Während das Leugnen des Mysteriums den Menschen existentiell schrumpfen lässt, öffnet ihm seine Annahme das Tor zum Himmel. Der Glaube an die Auferstehung ist der tiefste und höchste Ausdruck unserer Freiheit oder vielmehr ihr Ursprung als freier Annahme der höchsten Gabe Gottes: der Vergöttlichung aus Gnade. Die orthodoxe Kirche ist, als „erlebte Auferstehung“, der Raum der „wahrsten Freiheit“, die im christlichen Leben Fundament, Weg und Bestimmung ist. Die Auferstehung Christi ist das Evangelium der Freiheit, Gabe der Freiheit und Garantie der „gemeinsamen Freiheit“ in der „ewigen Erfahrung“ des Reiches des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Mit diesen Empfindungen, geehrte Brüder und geliebte Kinder, und erfüllt von dem aus dem abendlosen Licht ausströmenden Licht verherrlichen wir Christus, der von den Toten auferstanden ist und uns allen das Leben aus dem Grab hat aufgehen lassen; gedenken wir an diesem ganz und gar festlichen, „berühmten und heiligen Tag“ all unserer Brüder, die in Nöten sind und bitten wir den Herrn, der „den Tod durch den Tod zertreten hat“, den Gott des Friedens, der Welt den Frieden zu schenken und den Weg zu erleuchten, auf dem wir zu jedem guten, Ihm wohlgefälligen Werk schreiten, während wir den Freudenhymnus anstimmen: „Christus ist auferstanden!“ 

 

Phanar, Ostern 2024

+ Bartholomaios von Konstantinopel

Euer aller inständiger Fürbitter bei Christus, dem Auferstandenen

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